Addie Brik – Loved Hunqry
Die im tiefen Süden der USA geborene und nun in London lebende Addie Brik ist ein bemerkenswertes musikalisches Chamäleon. Auf „Loved Hungry“ – ihrem ersten Album unter eigenem Namen – dehnt sie den Begriff des Singer/Songwriters in jede denkbare Richtung: Es gibt TripHop-Stücke wie „My Little Pony Ride“, in denen brummelnde Beats und elektronisches Brodeln mit Violinen und Tubas werteifern. „Rollin In The Jeckyl“ wird vom Russian Chamber Orchestra London als märchenhafter Tango inszeniert, und „I Get Home“ gefällt als melancholischer Blues – gesungen im Stil einer schwarzen Kate Bush.
Vor vier Jahren war Addie Brik auf „Stop The Panik“ zu hören, jenem exzellenten Album, das BJ Cole, der König der Pedal-Steel-Gitarre, mit dem jungen Elektroniker Luke Vibert aufgenommen hatte. Völlig unterschiedliche musikalische Welten kuschelten sich da angstfrei aneinander: Hier dieser fortschrittsgläubige Techno- und Drum’n’Bass-Produzent, dort der alte Meister, der bereits mit Marc Bolan, Scott Walker und John Cale gearbeitet hatte. Addie tauchte damals nicht nur als Sängerin auf, sondern auch als Autorin zweier Songs.
^ored Hungry“ setzt diesen eklektizistischen Kurs so entschieden fort, dass sich die Liste der vielen beteiligten Musiker liest wie der Abspann einer Hollywood-Großproduktion. Was man diesem Album allerdings glücklicherweise nie anhört. Arrangiert hat unter anderen H.B. Barnum, der das gleiche bereits für Frank Sinatra und Aretha Franklin getan hat. Der Percussion ist Hossam Ramzy arbeitete schon mit Chick Corea und Peter Gabriel. Und auch To Rococo Rot und Bedouin Ascent sind, zumindest in Elektro-Kreisen, keine Unbekannten mehr.
Überhaupt scheinen legendäre Typen Addies Weg zu pflastern: John Steinbeck und Allen Ginsberg waren ihre literarischen Mentoren am Naropa Institute in Boulder, Colorado. Mit den Red Hot Chili Peppers und Plaid war sie im Studio, und Francis Ford Coppola (der Vater von Sofia) hat Addie einst eine Rolle in einem Sam-Shepard-Stück vermittelt.
Vielleicht klingt dieses in London, Los Angeles, St. Petersburg und Berlin aufgenommene Album deshalb so extrem vielseitig: Weil diese hervorragende Stücke eben nicht in einem stillen Studiokämmerlein entstanden sind, sondern von Anfang an mit der ganzen Welt kommunizieren durften. Der kosmopolitische Eklektizismus dieser Platte wirkt niemals aufgesetzt, sondern ist im Gegenteil essenzieller Bestandteil einer recht eigenwilligen Art, Songs zu schreiben.