Alejandro Escovedo – With These Hands

Wieviele Nackenschläge verträgt einer? Oder steht er gerade deshalb immer wieder auf, weil er mehr davon bekommen hat, als jedem von uns lieb sein kann? Fragen, die man sich unwillkürlich stellt, sobald der Name Alejandro Escovedo fällt. Private Tragödien mal noch außen vor, wären allein seine Band-Flops für viele Grund genug gewesen, sich voller Bitterkeit in die Schmoll-Ecke zurückzuziehen. Doch der hagere Sproß der weitverzweigten Escovedo-Großfamilie, der mit The Nuns in San Francisco seine Punk-Lektion lernte und später mit Rank & File unter dem Banner „Cow-Punk“ ebenso scheiterte wie danach mit dem Roots-Rock der True Believers, machte einfach immer weiter. Und wurde dabei einfach immer besser.

Notiz davon wurde in diesen Breiten allerdings fast nur anläßlich des Songwriter-Gipfeltreffens The Setters genommen. Rückblickend erscheint seine kurzzeitige Liaison mit Michael Hall und Walter Salas-Humara aber doch eher wie ein Zeitvertreib aus Verlegenheit, zumal nicht wenige der Songs als Solo-Material besser dastanden. „With These Hands“ ist nun nach“Gravity“(1992) und „Thirteen Years“ (1993) bereits sein drittes Solo-Album und beeindruckt durch eine stilistische Bandbreite, die für Escovedo-Novizen erstmal verwirrend sein mag. Bis sie begreifen, daß hinter jeder spannenden Häutung doch immer wieder dasselbe, allmählich vertraute Gesicht zum Vorschein kommt.

Das ist durchaus gezeichnet, aber nicht leer vor Gram. Selbst treulose Tomaten können noch auf Vergebung hoffen bei ihm, wie Escovedo schulterzuckend gleich zur Eröffnung „Put You Down“ verkündet. Die Haut ist müde, Schuld allgegenwärtig, und, ja, „sometimes“ überwältige ihn der Schmerz schon. Aber er legt sich halt nicht wie eine Zwangsjacke um den schmächtigen Körper.

In seiner Heimatstadt Austin, Texas, unterhielt Escovedo zeitweilig gleich zwei Bands: Mit Buick McCain eiferte er AC/DC und Iggy Pop nach, mit seinem Alejandro Escovedo Orchestra lotete er die Möglichkeiten eines freisinnigen Streicher-Ensembles aus. „With These Hands“ macht irgendwo dazwischen Halt und resümiert das, was bisher war, so weitreichend wie kaum zuvor. Da steht die im Live-Duett mit dem unverkennbar auch auf der Gitarre spielenden Willie Nelson vorgetragene Texas-Melancholie von „Nickel And A Spoon“ (eine Anspielung auf Jaggers & Richards‘ „Dead Flowers“?) neben geraden „Exile On Guadalupe Street“-Rockern („Crooked Frame“, „Guilty Was His Name“) und ruppigem Psycho-Blues („Little Bottles“). Die von Cousine Sheila E. forcierte Latin-Einlage im Titelsong behauptet sich neben weniger griffigen, aber nie bemüht „schwierigen“ Kabinettstückchen.

Und „Tugboat“ ist zum schönen Schluß das Requiem für Sterling Morrison, das Lou Reed nicht zustande gebracht hat.

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