Alternativen von Michael Ruff
Eine Band, die sich schlicht und einfach FUCK nennt, muß mit Mißverständnissen rechnen. Deshalb sei vorweggeschickt, daß die Kalifornier nicht im Hardcoreoder Sleaze-Bereich tätig sind. Die leisen, durch und durch sanften Song-Meditationen ihres Debüts „Pretty…Slow“(Normal/Indigo) lassen eher an eine Mischung aus Palace Music und Swell denken. Die melancholisch tröpfelnden Gitarren scheinen von einem inneren Drive besessen, der beim Hören für jene Sorte Spannung sorgt, bei der man selbst nicht weiß, wo sie eigentlich herkommt. In Bezug Verpackung kommen gar kindlich-naive Züge durch: Die CD erscheint in liebevoll aufgemachter Pappbox, aus der beim öffnen etliche Lutschbonbons, Luftballons etc. herauspurzeln, 4,0
Noch mehr Kalifornie: Daheim in Los Angeles sind GIANT ANT FARM krasse Außenseiter. Ihre trunkene, von Posaune und Akkordeon geprägte Rummelplatzmusik läßt an eine Mischung aus Tom Waits, Dreigroschenoper und Band Of Holy Joy denken. Dazu besitzt Sänger Dren McDonald ein wahrlich unüberhörbares Organ und läßt keinen emotionalen Abgrund aus. In kleinen Dosen genossen ist „Fortune“ (Vertrieb: Muck, Kuhberg, 20357 Hamburg) ein pittoreskes Klangvergnügen. Über die ganze Länge geht die CD in ihrer theatralischen Eintönigkeit allerdings gut auf die Nerven. 3,0
Bei uns waren die ARCHERS OF LOAF kürzlich als Support der Butthole Surfers zu erleben. Daheim sind die Lieblinge der College-Sender. „All The Nations Airports“ (Alias/RTD) zeigt, warum: Das Quartett um Eric Bachmann (der kürzlich unter dem Namen Barry Black eine hervorragende Solo-Platte herausbrachte) hat alles drauf, was zwischen Grunge, Gitarren-Pop und Slovenly in den letzten Jahren stattgefunden hat Darüber hinaus konstruieren sie ihre Songs so abwechslungsreich und intelligent wie keine andere Band, ohne dabei in kunsthandwerkliche Frickeleien zu verfallen. 4,0
THE HEADS könnten die britische Antwort auf Monster Magnet sein: „Relaxing With The Heads“ (Cargo/Semaphore) ist ein Fest für Freunde verzerrter Acid-Gitarren. Doch anders als die Amis geben die Briten sich überaus diszipliniert: Nur zwei Songs überschreiten die vier-Minuten-Grenze. So gibt es keine ausufernden Fuzz-Orgien, dafür spielen alle genau auf den Punkt und jagen mit einer Atemlosigkeit durch die Songs, als stünde jemand mit der Peitsche hinter ihnen. Viel Schweiß, aber so muß Keller-Rock’n’Roll eben sein – sogar in England. 4,0
Auf den Platten der MOUNTAIN GOATS war meist „Band“-Chef John Darnielle allein zu hören. Daran hat sich nun auch auf „Nothing For Juice“ (Ajax/RTD) nicht allzuviel geändert, doch auf drei der Songs kommt Graeme Jefferies (Cakekitchen) mit heftiger elektrischer Gitarre zum Einsatz – und siehe da, plötzlich rocken sogar die Bergziegen. Für einige Songs hat sich der Meister sogar ganz gesittet ins Studio begeben. Was Darnielles Produktivität angeht, so ist festzustellen, daß er trotz Vielschreiberei kein bißchen ausgebrannt klingt. Er singt und spielt immer noch mit dem Charme eines Besessenen. 4,0
Sonic Youth-Drummer Steve Shelley spielt nebenbei mit dem Gitarristen Tim Foljahn in der Gruppe Two Dollar Guitar. Außerdem bilden beide zwei Drittel von CAT POWER Verwirrend, nicht wahr? Ist aber eigentlich nicht so wichtig, denn Cat Power besteht in erster Linie aus der Songwriterin Chan Marshall. „What Would The Community Think“(MatadorlKTD) ist durchweg spärlich arrangiert: zurückhaltende Gitarren, dazu ein klein wenig Schlagwerk. Den verbleibenden Großraum nutzt die New Yorkerin dafür, uns tiefe Einblicke in ihre persönliche Erlebniswelt zu gewähren. Das klingt sehr selbstverliebt und stellenweise betörend, doch der ewig klagende Unterton ist auf Dauer ermüdend. Vergleiche mit Liz Phair sind daher an den Haaren herbeigezogen. 3,0