Alternativen :: VON MICHAEL RUFF

Hawaii? Es soll ja Leute geben, die damit den absoluten Gegenpol zur hiesigen Tristesse verbinden. Aber es gibt auch noch CHOKE-BORE, die einen jederzeit eines besseren belehren. Mit „Black Black“ (Boomba/Indigo) legen die gebürtigen Insulaner ein Album vor, das in seinem offensiv vorgetragenen Selbstmitleid unübertrefflich sein dürfte. Keine Spur von Surf und Sonnenschein hier regieren bleiche Gesichter in abgedunkelten Apartments. Das Draußen ist feindlich, und die Entscheidung von Sänger Troy Bakhazar, nur allerbilligste Mikrophone zu benutzen, steigert die klaustrophobische Stimmung zu fast endlos sentimentaler Leidenswut. „TU leave you/ That’s alright/ Just more time for me“, so sein treffender Gesang bei „Every Move A Picture“, und die einst so grungigen Gitarren geben ihnen einfühlsam recht 4,0

Und was mag von einer Band namens THE HANGOVERS zu erwarten sein, wenn ihr Album auchnoch „SlowDirtyTears“ (Smoke/RTD) heißt? Sicherlich kein Sommerhit Diese Prognose erfüllt das Projekt von Sängerin Gina Birch (Raincoats) vom ersten bis zum letzten Ton. Spärliche Akkorde, mystische Samples und gebrochene Strukturen erzeugen eine bedrückende Atmosphäre, in der es meist um Rache, Verrat und ähnliche Boshaftigkeiten geht Ihr Gesang ist allerdings gewöhnungsbedürftig: Gleich, ob sie mit kindlich hoher Stimme Naivität vortäuscht oder den verruchten Ton einer langgedienten Bardame ergreift – stets wirken ihre Manierismen einen Schritt übertrieben.

3,0

Wäre Jason Andrew Molina mit seinem Projekt SONGS:OHIA etwas früher an die Öffentlichkeit getreten, hätte er Will Oldham (Palace) und Bill Callahan (Smog) ernsthaft Paroli bieten können. Mit leichter Verspätung hat er auf Jmpala“ (Grand Harbour) zwölf Songs versammelt, die seinen offensichtlichen Vorbildern in punkto einzelgängerischer Verlorenheit um nichts nachstehen. Doch um in die Phalanx der Arrivierten einzubrechen, fehlt es ihm (im Gegensatz zu Elliott Smith) an eigenständiger Substanz.3,0

Genug getrauert – es gibt ja schließlich noch die MEKONS. 1977 gegründet, lieferten sie 1994 mit Jietreat Front Memphis“ein Album ab, das allgemein als Schwanengesang eingestuft wurde – von der mißratenen Zusammenarbeit mit der Performance-Künsderin Kathy Acker ganz zu schweigen. So ist alieb schon das Erscheinen von JAe“ (Quarterstick/Cargo) eine verkable Überraschung. Ebenso die Tatsache, daß Sally Timms, Jon Langford 8i Co. keineswegs ihren uralten Folk-Punk-Sound wiederbeleben, sondern ihren typischen Schreibstil (der sich immer um Sex und Politik dreht) in verschiedensten Arrangements ausprobieren. Der Aufmacher „Enter The Lists“ (zu hören auf „New Voices“ 28) ist nur eines der Bilder in dieser Galerie des Innenlebens einer langgedienten Band, die sich anderen Stilen geöffnet hat, ohne an Profil zu verlieren.4,0

Frischer, unverdorbener Pop aus der britischen Provinz? Immer interessant, und somit kommt auch MELYS aus Wales eine Menge Aufmerksamkeit entgegen. Saint Etienne, Björk, aber auch die B-52’s haben hier Pate gestanden, wobei der betont jungmädchenhafte Ton von Sängerin Andrea Parker „Rwnours AndCurses“ (Arctic/RTD) den individuellen Stempel aufdrückt Eine hübsche, trendige Mischung, nicht mehr und nicht weniger. 3,0

NO ME ANS NO bleiben auf „Dance OfThe Headless Bourgeoisie“ (Alternative Tentacles/EFA) die politisch korrektesten Karikaturisten amerikanischen Schattenlebens. Erstaunlich allerdings, wie diese Kanadier sich von ihren Hardcore-Wurzeln entfernt haben, dafür hier und da plötzlich Prog-Rock-Elemente („Disappear“) einfließen lassen. Immerhin waren die beiden Wright-Brüder, welche die Band seit über einer Dekade anführen, schon immer zwanzigjahre älter als ihre Fans. Erstaunlich, daß die Virtuosen nach vielen Verwirrspielen sowie mutwilliger Destruktion aller Erfolgsaussichten noch immer zusammenarbeiten mit wechselndem Personal freilich. Daß ein Band-Mitglied im Clownskostüm auf dem Cover ein Schild mit der Aufschrift „Progressive“ hochhält, verweist auf den ironischen Charakter des Unternehmens – allerdings überdeutlich und etwas abgeschmackt Ween lassen grüßen. 3,0

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