Altwernativen :: von Michael Ruff
In was für einer Welt mögen THE OLIVIA TREMOR CONTROL leben? Das Quintett aus Athens, Georgia, hat auf „Dusk At Cubist Castle“ (V2/RTD) so viele Anachronismen versammelt, daß es fast schon wieder sympathisch ist. Man denkt an die Beatles (beim Yogi), an die Beach Boys (auf Drogen) und verneigt sich vor soviel filigraner Songwriting-Kunst Dennoch hat die Musik etwas seltsam Irreales an sich, das durch die elektronischen Ambient-Experimente auf der beiliegenden Bonus-CD noch verstärkt wird. Musik für Köperlose? Aber vielleicht gibt es ja irgendwo auf der Welt noch ein paar Blumenkinder. 3,0
Wie Superchunk-Frontmann Mac Mc-Caughan etwa, dessen Nebenprojekt POR-TASTIC nun bereits mit dem dritten Album an den Start geht. „The Nature Of Sap“ (Merge/EFA) markiert die Abkehr von rockigem Songmaterial und ergeht sich über weite Strecken in reiner Lo-Fi-Esoterik. So finden sich schöne, fragile Popsongs direkt neben freien, Raga-artigen Instrumentals. Als ein Gast steuert Jonathan Marx (Lambchop) ein paar hübsche Bläser-Passagen bei. 3,0
Irgendwo in der norwegischen Provinz existiert eine Band namens LOOPHOLE, die allen Ernstes behauptet, noch nie etwas von Grunge oder ähnlichem gehört zu haben. Sollte dies der Wahrheit entsprechen, so dürfte man fortan alles zwischen Lemonheads und Soul Asylum unter „genuine skandinavische Volksmusik“ einsortieren. Kleiner Scherz, der aber nicht davon ablenken soll, daß die Jungs auf „Super I Lore You“ (Disco Grönland/Indigo) zehn vorzügliche Indie-Rock-Hymnen versammelt haben. 3,5
Spice Girls hin oder her – es gibt auch noch Teenager-Garagenbands im alten StiL BIS schreiben herzerfrischende Pop-Songs und lassen auf „The New Transistor Heroes“ (Intercord) die Gitarren scheppern, daß es eine wahre Freude ist. Dazu kommt eine gute Portion Glam gepaart mit britischem Humor, und fertig ist ein ausgelassenes Gartenparty-Album, das an die längst verblichenen Rezillos erinnert (wenn diese Band überhaupt noch irgendein Mensch kennt). 3,0
Mit intelligent-verschrobener Popmusik sind meist nur Kritiker zu begeistern. Davon können RUN ON ein Lied singen, welches auch nach dem neuen“No 0&y“(Matador/RTD) das gleiche bleiben wird: Die Songs mögen harmonisch und struktuell perfekt ausbalanciert sein, doch fehlt es ihnen oft an Spannung. Sue Garners bittersüßer Gesang mag betörend wirken, aber viel Gefühl zeigt sie nicht. So ist auch dieses Album wieder für geduldiges, langsames Zuhören gemacht – eine heutzutage nicht besonders verbreitete Kunst. Das Album wurde an anderer Stelle bereits separat vorgestellt, doch verzögerte sich die Auslieferung via Rough Trade in ungewöhnlich dramatischer Weise – allerdings hielten sich die Nachfragen bisher in sehr engen Grenzen. 3,5
Im Jahr ’93 war der ROSSBURGER REPORT ein hoch gehandelter Exportartikel in Sachen neudeutscher Musik. Das für zwölf elektrische Gitarren, Baß und Schlagzeug konzipierte Projekt stand kurz vor Abschluß mit dem englischen 4AD-Label, doch der Deal scheiterte aufgrund aufnahmetechnischer Probleme. Daß diese monumental-erhabenen Kompositionen nun unter dem Titel „2“ (Strange Ways/Indigo) doch noch erscheinen, ist sicher begrüßenswert. Warum aber Projektleiter Markus Lipka hier alles im Alleingang einspielte, bleibt rätselhaft – zumal im Booklet alle beteiligfön Musiker abgebildet sind. 3,5
Die Berliner Band SURROGAT scheint ein ähnliches Problem zu haben: Auf der Bühne bildet das Trio ein unschlagbares Energiebündel, doch unter Studiobedingungen bleibt nur ein bleiches Skelett. Auch ihr drittes Album „Hobby“ (Kitty Yo/Indigo) bringt trotz aller Mühe wenig Verbesserung. Dabei wäre ihr spartanischer, an Heimet angelehnter Metal-Groove für alle möglichen Digital-Experimente wunderbar geeignet Was aber den gesuchten Klang angeht, so sollten sie ihre nächste Platte vielleicht doch lieber in einer stillgelegten Kathedrale aufnehmen. Es sind noch ein paar Gotteshäuser. 3,0