American Music Club – Love Songs For Patriots
Der anschwellende Bombast im Hintergrund, das komische sonische Surren, die Störgeräusche, das plötzlich ausbrechende Schlagwerk, die mäandernden Melodien: alles wieder da, fast zehn Jahre nach der letzten Platte des American Music Club. Solchen Lärm hat Mark Eitzel natürlich nicht hinbekommen, und mit Elektronik wurde alles noch ärmlicher. Überzeugend war keine der Solo-Arbeiten.
Natürlich ist Eitzel noch immer ein Flagellant, ein Selbstbezichtiger, ein Schwarzseher und Unglücksrabe. Und natürlich macht ihm das Elend viel Spaß, sodass er in „Myopie Books“ singen kann: „All I wanted from you was some tomorrow/ But it’s okay – I’ll find a bookstore/ And buy Saul Bellow and one about old ruins for my mother/ You never met her – she liked Manhattans/ They taste like mouthwash/ She understood how to be alone, all alone.“ Und am Ende freut er sich angesichts des Sternenstaubs über der hässlichen Stadt. Nicht überall prescht Eitzel vor wie gleich beim Auftakt „Ladies & Gentlemen“: „Ladies and gentlemen, it’s time/ For all the good that’s in you to shine/For all the lights to lose their shade/ For all the hate that’s in you to fade.“ Manchmal braucht es auch nur Piano und ein wenig Schlagzeug wie bei „Manovari The Mind Reader“ und beim gewisperten „Song Of The Rats Leaving The Sinking Ship“. Oder eine Gitarre wie bei „Myopie Books“, der Travestie eines Kinderliedes.
So skurril und herzerwärmend Eitzels Geschichten sind, so unpräzise, verschwommen sind manche der Songs. Die Musiker bereiten nur die Bühne für die große Aufrührung, die Arrangements stehen nicht für sich selbst. Mit der Ausnahme eines der famosesten Stücke, die er je geschrieben hat, „Patriot’s Heart“: „If you wanna see something patriotic, mere’s a stripper/ He don’t look that good, but he’s got an all-American smile/That fills his underwear with all the lonely dollars/ From all the lonely men who no one suffers/ Who wait around this bar and spend all their lonely hours.“ Hier gelingt die pathetische Inszenierung, das dräuende Ambiente, das große Gefühl des Meisterwerks „Mercury“ von 1993. „We all want a patriot’s heart“, schließt Eitzel die bittere Erzählung. Vollkommen realisiert als Vaudeville-Groteske im Stil der späten Camper Van Beedioven ist auch „Your Horseshoe Wreath Will Bloom“.
Er habe die Band in Anti-American Music Club umbenennen wollen, so Mark Eitzel. Doch er würde niemals ein Land aufgeben, in dem man Wahnsinn und Einsamkeit, Hybris und Ekel, Entfremdung und Entertainment wie in einem Schneehäuschen studieren kann. Wer drei Gläser Bier zum Mittagessen trinkt, der muss ein glücklicher Mensch sein.