Amos Lee :: Mission Bell

Unangestrengter Folk-Soul, von Burns und Convertino produziert

Amos Lee, schrieb die „New York Times“ über den ehemaligen Grundschullehrer aus Philadelphia, verströme „ein Flair, ohne dabei auszusehen, als versuche er es ein bisschen zu sehr“. Das Outfit-Urteil lässt sich abgewandelt auf seine Musik übertragen. Die Songs von Amos Lee waren schon immer irgendwie da, ohne dabei zu klingen, als betrieben sie nur eine beflissene Mimikry historischer Folk-Soul-Grenzgänger.

Daran hat sich wesentlich auch mit dem vierten Album nichts geändert, das Lee nach Tucson, Arizona führte. „Neue rhythmische Strukturen“ will er prompt in der Zusammenarbeit mit Produzent Joey Burns und Calexico kennengelernt haben. Davon ist auf „Mission Bell“ indes wenig zu hören, allenfalls in der Art, wie John Convertino mit seinen Snare-Akzenten „Out Of The Cold“ in der Schwebe oder das extrovertierte „Windows Are Rolled Down“ auch runtergefahren unter Spannung hält. Nur „Hello Again“ erfährt mit Vibes, Streichern, Konzertgitarren, Bläsern das volle Calexico-Treatment.

Der Tucson-Soundstempel spielt hier also nur zweite Geige hinter Songs und Stimme. Da gospelt es dann bei Bedarf auch mal, in der schön versumpften Variante und mit Drummer James Gadson als Zweit-Stimme in „Jesus“, in leicht-beschwingter Country-Gangart mit „Cup Of Sorrow“. Und Stücke wie „Flower“, „Learned A Lot“ und das unglücklich platzierte „Behind Me Now“ scheinen ohnehin keinen Ort und keine Zeit zu kennen. Andererseits mutet einer der schönsten Songs hier an, als hätte ihn Lee eigens für die Reise nach Arizona verfasst. Weshalb man ihm nicht wirklich böse sein kann, dass er sich wohl nicht entscheiden konnte und die Abschiedsträne „El Camino“ gleich zweimal auf „Mission Bell“ verewigt – als sublim arrangiertes Solo zum Auftakt und zum Schluss im puristischen Duett mit Willie Nelson, der sich hier mal nicht nur so durchnuscheln will. Während zuvor die doch sonst so großartige Lucinda Williams in „Clear Blue Eyes“ eher verzichtbar scheint. Aber bei dieser Frau konnte wohl selbst ein Mann mit Flair schlecht nein sagen. (BLUE NOTE/EMI)

Jörg Feyer

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