Amy Macdonald :: Life In A Beautiful Light
Bei Amy Macdonald gibt es keine Inszenierung: Die Schottin vertraut nur auf Songwriting und Stimme
Das Besondere an Amy Macdonald ist das Gewöhnliche. Sie ist hübsch, aber nicht schockierend schön. Ihre Stimme erkennt man sofort wieder, aber sie haut einen nicht um wie Adele. Sie schreibt unwiderstehliche Songs, die niemals so frech sind wie die von Lily Allen oder so suggestiv wie die von Lana Del Rey. Amy Macdonald ist ein Phänomen, weil sie keines ist. Sie fällt nicht auf, sie drängt sich nicht auf, und genau deshalb hört man ihr so gern zu: Sie ist wie die meisten, sie kann nur mehr.
„Life In A Beautiful Light“ ist schon ihr drittes Album, sie ist gerade 24. Mit dem Pubfolkpophit „This Is The Life“ und dem gleichnamigen Album wurde die Schottin vor fünf Jahren berühmt, das ging ganz schnell. Ein verwackeltes Video, das die vage Katerstimmung des Songs vermittelte. Ein bisschen mehr Schminke und kurze Kleidchen fürs zweite, wuchtiger produzierte Album „A Curious Thing“, aber das war nur Makulatur, denn der Kern von Macdonalds Musik ist immer derselbe geblieben: Sie erzählt mit dieser dunklen, stolzen Stimme vom Leben, das sie in Glasgow und der Welt sieht. Von der Liebe und den Fallstricken und wie man das alles vielleicht ohne zu viele Narben überlebt. „I move mountains if you ask me to/ I swim the seven seas/ I’ll be the one to hold your torch again/ I’ll do anything you ask of me“, singt sie in „Pride“. Geschrieben hat sie das Stück allerdings nicht für einen Angebeteten, sondern für ihr geliebtes Rangers-Team – ebenso wie „The Green And The Blue“. Ein Lied über Autorennen gibt es auch. Die klassische Mädchenrolle liegt Macdonald nicht.
Die überbordende Instrumentierung des vorigen Albums hat sie zurückgefahren – zugunsten der guten alten Gitarre. Ein paar Spielereien erlaubt sie sich noch, ein paar Keyboards hier und da, kleine Soundbites, aber nichts, was wirklich von ihr ablenken würde. Mit ihrem Purismus ist sie natürlich auch das totale Gegenstück zu jemandem wie Lady Gaga, bei der die Inszenierung wichtiger ist als alles andere: Amy Macdonald ist nur Musik, nur Stimme und Song, und wem das zu langweilig ist, der muss woanders hinsehen.
Sie fühlt mit den chilenischen Minenarbeitern („Human Spirit“) und den demonstrierenden Ägyptern („Across The Nile“), in der Ballade „Left That Body Long Ago“ beschreibt sie eine Alzheimer-Tragödie. Das alles gelingt ihr unpeinlich, weil ihr schwelgerischer Gitarrenpop gewisse Kitschgrenzen nicht überschreitet. Und dazwischen strahlen die kleinen Alltagsgeschichten – der Titelsong, „4th Of July“ oder „Days Of Being Young & Free“ – besonders hell. „In The End“ hat Macdonald tatsächlich am Schluss ihrer Welttournee geschrieben, als sie sich mal wieder fragte, ob Singer/Songwriter ein ordentlicher Beruf ist. Ob man damit hilft, ob man etwas bewegen kann? Amy Macdonald gibt die Antwort mit ihren Liedern: Sie hat bewiesen, dass moderne Popmusik auch mal dem Motto „No Surface All Feeling“ folgen kann. (Universal)
Beste Songs: „Pride“, „The Days Of Being …“