Angie Stone – Stone Love

Sie ist eine der besten Sängerinnen, die es zur Zeit gibt. Ihre Bühnenpräsenz ist beeindruckend: Wie ein Gebirgsmassiv steht sie da, öffnet beim Singen nicht bloß den Mund, sondern die Seele gleich mit Hätte Angie Stone auch noch den Körper von Beyonce und die Dreistigkeit von Anastacia – die ehemalige Saxofonistin von Lenny Kravitz wäre längst ein umjubelter Superstar des Soul. Doch bisher musste sich die Ex-Freundin von D’Angelo als ewiger Geheimtipp durchschlagen: Erste Gehversuche machte sie auf Sugarhill mit dem Rap-Trio Sequence, doch erst ihr 2001 erschienenes zweites Solo-Album „Mahogany Soul“ schaffte es auf Platz 22 der Billboard-Charts. Auch heute noch setzt die Sängerin auf Vielseitigkeit, spielt in Musicals und am Broadway, arbeitet hart, wo andere ans Marketing glauben.

Auf „Stone Love“ bietet Angie leider wenig Überraschendes. Die meisten Songs sind Balladen, einfühlsam und variantenreich intoniert, klar, aber auch von jener absoluten Perfektion, die alles gleich klingen lässt, weil fast jeder R&B-Künstler momentan nach dieser glattgebügelten Art der Produktion strebt. Da fehlt die esoterische Zickigkeit einer Erykah Badu oder der Glockenspiel-Wahnsinn von Tweets „Oops“. Zu viel gediegenes Handwerk, zu wenig Innovation. Gäste wie Snoop Dogg und Floetry sind nett anzuhören, setzen aber auch keine großen Akzente. Von der mitreißenden Leidenschaft, die viele große Soulkünstler der 60er und 70er Jahre auszeichnete, ist bei diesem auf Kuscheligkeit gebürsteten Neo Soul wenig zu spüren.

Alben wie „Stone Love“ sind der Soundtrack einer schwarzen Mittelschicht, die das bisher Erreichte nur gut gelaunt genießen möchte. Nicht ohne Grund beschreibt das Info zur Platte den Song „My Love“ mit den Worten: „Wie eine geschüttelte Flasche Champagner beim Überlaufen.“ Vielleicht ist es falsch, jenen Zeiten nachzutrauern, als es noch hieß: „There’s A Riot Goin‘ On“, aber hinter all den angeblich warmen, deepen und gefühlvollen Klängen dieser Platte lauert eiskalte Berechnung. Als gäbe es ein Gesetz, dass es einer großartigen Sängerin wie Angie Stone verbietet, Musik zu machen, die mehr sein will als der Soundtrack zum Happy Feierabend.

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