Apollo Four Fourty – Electro Glide In BLue
Und plötzlich ist einer tot, gescheitert vielleicht an den allgemeinen Schrecken des Lebens, vielleicht auch an einer Karriere, die trotz großer Leistungen erstaunlich erfolglos blieb, ganz sicher gescheitert an dem nie verarbeiteten Tod der Mutter – aber so genau will man das als Fan nicht wissen, denn lieber starrt man erschüttert auf das letzte Werk des unvergessenen Helden und stellt überflüssige Fragen – wie: „Bist du denn auch würdig abgetreten, Billy McKenzie?“
Keine Sorge, das ist er. Der Song „Pain In Any Language“, den der Associates-Sänger kurz vor seinem Tod als Gastvokalist für das zweite Album von Apollo 440 aufgenommen hat, ist mit Abstand der beste Track des Albums. Und das liegt natürlich vor allem am ausdrucksstarken, seelenvollen Gesang von Billy Mc-Kenzie, der sich im Februar umgebracht hat Ein letzter großer Wurf, keine Frage. Wenn nur alles so einfach wäre.
Ist es aber leider nicht Das englische Trio unter Songwriter Howard Gray hat sich nämlich der Verbindung von Dancefloor-Sound und klassischem Songwriting verschrieben. Ersterer ist kein Problem: Die drei ursprünglich in Liverpool arbeitenden, inzwischen aber in London lebenden Musiker durften schon bei Remixes für U2, EMF oder Deep Forest üben. Letzteres dagegen ist noch Glückssache: Manchmal, wie bei dem erwähnten „Pain In Any Language“, funktioniert es ganz prima – doch manchmal reicht es zu nicht mehr als einer Sammlung halborigineller Effekte: Bei „Ain’t Talkin‘ Bout Dub“ trifft ein Van Halen-Riff auf obligate Drum’n’Bass-Rhythmen, in „Krupa“ eine Trommel-Sequenz des Jazz-Schlagzeugers Gene Krupa auf zackige Techno-Rhythmen.
Daß diese Musik funktioniert, erkennt man bereits daran, daß mit „Krupa“ in England ein Sunkist-Werbespot und in Deutschland die Fußballshow „ran“ untermalt wird. Tolles Pop-Songwriting ist das alles aber deswegen noch lange nicht Dafür ist dem Trio, das demnächst als Support von The Prodigy auf Tournee gehen wird, etwas anderes gelungen: ein Krautrock-Techno-Album.
Nein, das haben die gar nicht beabsichtigt, ich behaupte das hier nur einfach mal: Die kosmischen Sounds, die ausufernden Songs, das Aufblitzen von Größe zwischen Banalem und die Unberechenbarkeit, mit der sich zum Beispiel in „White Man’s Throat“ eine Blues-Gitarre, eine Jazz-Trompete und ein lässiger House-Rhythmus zu fünf Minuten Coolness verbinden, erinnert ein wenig an den deutschen Musik-Irrsinn der frühen 70er Jahre. Das Prinzip: Immer wieder groß scheitern, aber zwischendurch auch mal was Großes (oder vielleicht auch Kleines) schaffen. Hauptsache, man will was.