Aretha Franklin :: Rare And Unreleased Recordings

Unveröffentlichtes aus der großen Zeit der Queen Of Soul.

Es ist ja nicht so, als hätten John Hammond, Bob Johnston und Columbia Records nicht versucht, künstlerisch und kommerziell Kapital aus dieser Stimme zu schlagen. Mehr als ein halbes Dutzend LPs lang seit i960 und manchmal so, dass niemand mit Sachverstand und Kenntnis ihrer CBS-Jahre behaupten kann, sie habe vor „I ~Hever Loved A Man The Way I Love Tou“ immer nur zweitklassige Aufnahmen abgeliefert. Von der mit reichlich Streichern verzierten Ballade „If I Ever Would Leave You“, mit der sie in Barbra-Streisand-Territorium wilderte, behauptete niemand anderer als Jerry Wexler später: „I don’t think she’s ever done anything better than that, actually. Not only her singing but her enunciation and intelligence on lyrics – she hasn’t been praised enough for that.“

Das war natürlich kein Deep Soul, sondern ein Lerner/Loewe Standard, dessen sie sich daganz bravourös angenommen hatte. Nachträglich mag mancher gar bedauern, dass sie später nie mehr ähnlich meisterliche Einspielungen in diesem Genre vorlegte. Sie hatte jedenfalls ohne Zweifel das Zeug dazu. Wexler dirigierte sie nur in eine gänzlich andere Richtung.

Ihm schwebte zunächst anscheinend so etwas wie ein weiblicher Ray Charles vor, was jetzt auch die Demos von den Sessions zu ihrem Debüt-Album nahelegen. Was übrigens auch Tonmann Tom Dowd in den Liner Notes der LP einräumte, während Wexler betonte, dass beim Titelsong, auch „Dr. Feelgood (Love Is A Serious Business)“ und etlichen anderen Aufnahmen, für seine Begriffe der Gospel-Hintergrund entscheidend durchschlug.

Den wenigen Demos nach zu urteilen, die von den ganze fünf Tage dauernden Muscle-Shoals-Sessions hier erstmals veröffentlicht vorliegen, ging man damals absolut konzentriert zur Sache. Diese live-im-Studio auf Band mitgeschnittenen Demos weisen zwar aufnahmetechnische Mängel auf, aber die Sängerin lieferte da keinen Deut schlechtere Interpretationen als bei den als final master freigegebenen Fassungen ab, im Gegenteil: Das mit dem „Love Is A Serious Business“ nahm sie offenbar absolut ernst. Bei diesem Demo sang sie, als ginge es um ihr Leben. „Sweet Bitter Love“ wiederum, drittes Demo hier, hat mehr mit der eingangs genannten Ballade (und auch Barbra Streisand!) zu tun als mit der Variante von Südstaaten-Soul, durch die sie berühmt werden sollte. Wieso die vier Aufnahmen hier erstmals auftauchen, seinerzeit ins Archiv verbannt wurden und für „Aretha Arrives“ nicht benutzt wurden, kann man nur mutmaßen. „Mr. Big“ klingt tatsächlich ein wenig nach Probe, aber „So Soon“ hat locker dieselben Ohrwurmqualitäten wie ihre Cover-Versionen von „96 Tears“ oder „Satisfaction“ für die zweite Atlantic-LP. Möglich, dass,.]t Was You“ und „The Letter“ zu sehr nach Gospelkirche klangen, als man das weißen Zuhörern zumuten wollte. Dass „Aretha Arrives“ keine so hochkarätige Platte wurde wie die LP vorher, hat auch damit zu tun, dass diese Aufnahmen dort nicht auftauchten.

Von „Lady Soul“ und „Aretha Now“ existieren anscheinend überhaupt keine Outtakes. Vielleicht auch deswegen, weil die Sängerin und ihr Team beim dritten Anlauf zu solcher Überform aufliefen, dass man „Lady Soul“ mit ziemlich gutem Gewissen als das größte Album ihrer Karriere bezeichnen kann. Absolut souverän und meisterlich präsentierte sie sich bei Studio-Sessions auch oft in späteren Jahren, wie bei den restlichen gut zwei Dutzend Songs hier bewiesen. Merkwürdig nur, dass ihre wunderbare Deutung des Johnny-Ace-Klassikers „Pledging My Love“ – seinerseits „nur“ Single-B-Seite – nirgends mehr auf Band erhalten zu sein scheint. Für diese Raritäten-Nachlese musste man das, scheint’s, notgedrungen von knisterndem Vinyl überspielen. Das „Love Letters“-Outtake auf der zweiten CD gehört nicht zu den Glanzleistungen hier, das gospelige „Lean On Me“ (nicht der Bill-Withers-Song), vorher auch nur Single-B-Seite, sehr wohl.

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