Beck – Guerolito
Remix-Alben haben sich in den letzten zehn Jahren zu einer der inflationärsten Formen des sogenannten Mitnahme-Effekts entwickelt. Sorgfältig komponierte, in monatelanger Detailarbeit entstandene Songs werden für ein meist eher geringes Entgelt in Stücke gehauen und in wenigen Stunden neu zusammengesetzt. Funktionaler, im Sinne von tanzbarer, mag die Musik ja werden, aber besser?
Einer wie Beck weiß das natürlich. Eine Remix-Platte im honigsüßen Kuschel-Lounge-Sound würde er uns ebenso wenig zumuten, wie ein Bündel doofer Dancefloor-Klopfer. „Guerolito“, das klingt liebevoll und niedlich und verhält sich zum letzten Album „Guero“ so wie das Sternchen zum Stern. In der gleichen Reihenfolge wie auf dem im letzten Frühjahr veröffentlichten Album hören wir die mal mehr, mal weniger dezent modifizierte Variationen – von Remixern wie Octet. El-P. oder dem M.I A.-Spezi Diplo.
8Bit, aus dem Stall des Ninjatune-Labels, nennt „Hell Yes“ einfach „Ghetto Malfunction“ und läßt den Song im Vocoder-Sound der 80er Jahre munter drauflosbollern. Auch Air haben ihren Remix umbenannt aus „Missing“ wurde „Heaven Hammer“. Die schweren Synthesizer-Akkorde am Anfang erinnern stark an Gary Numan, insgesamt hat das Stück den leicht depressiven Charme eines zwischen Nebel und Schnee verschwimmenden Februar-Tags. Ad Rock schüttelt dafür um so lebhafter das „Black Tambourine“. Den ihn offensichtlich störenden Rest läßt der alte Beastie Boy einfach weg – dem drängenden Rhythmus und einem trashig piependen Keyboard zuliebe. Die „Broken Drum“ von Boards Of Canda ist wesentlich sanfter und verschmilzt die Klangfarben wie ein psychedelisches Kaleidoskop. Das vollfette Pluckern eines Korg-MS-20, der engelhafte Backing-Gesang von Petra Haden und die wuchtigen Power-Akzente im Refrain von John Kings „Rental Car“ überzeugen restlos, obwohl nur noch der Gesang an das Original erinnert. Dafür gibt es zum Schluß mit „Clap Hands“ noch ein taufrisches Beck-Original. „Guero“ ist sicher das bessere, stimmigere, rundere Album, aber keine Frage, auch der kleine „Guerolito“ hat seine Reize.