Beck :: The Information

Huch, da hat mich auf dem Weg ins Bad doch glatt mein Über-Ich in eine Diskussion über die neue Beck-Platte verwickelt. Und mir folgende Zugeständnisse abgerungen, die ich ungern mache, obwohl sie stimmen: Beck wird für immer unser Held bleiben, egal, was er tut. Grundsätzlich freuen wir uns sehr, dass es ihn gibt und dass er ein neues, insgesamt neuntes Album hat. Und so lange wir nicht mit unnützen Dingen beschäftigt sind – mit dem Blättern in Rembrandt-Bildbänden oder der Konstruktion kleiner Winterschlitten für Hamster -, werden wir auch „The Information“ hören, bis wir sie irgendwie eigentlich doch schon ziemlich toll finden. Aber jetzt ist der Punkt erreicht, an dem uns erstmals der Gedanke kommt, dass Beck seine popgeschichtliche Unfehlbarkeit vielleicht unverschämt ausnutzt. Dass er sich dort, wo Leute jenseits der Kritik stehen, ein schönes Sofa aufgebaut hat, damit er nicht mehr stehen muss. Und wenn das erste Stück „Elevator Music“ fertig eingezählt ist, wenn der Beck-typische Drum-Groove loslümmelt, der coole Bass, das Scheppern der Gitarrendrähte, die Kling-Klapper-Blitsch-Effekte und sein beliebt bedröhnter Sprechgesang, dann ist das komischerweise nicht mehr der alte, freudige Wiedererkenn-Effekt. Mehr diese Art von WG-Vertrautheit: Jetzt hat der Kerl schon wieder die Kaffeemaschine angelassen!

Beck hat sich kommerziell ja gefangen, erreichte mit „Guero“ 2005 seine beste US-Platzierung überhaupt (Platz zwei) und verkauft wieder fast so viele Platten wie früher. Im Interview spricht er schön und schlau über interaktive Schallplatten, selbstgedrehte Youtube-Video-Specials und Musik als modulares Projekt – da hat einer die Gegenwart so gut begriffen wie wenig andere, und doch kriegt man beim Hören das Gefühl, dass er einem den Schrott von gestern andreht.

Mit dem notorischen Produzenten Nigel Godrich hat er hier 15 Stücke zusammengesetzt, die sich in den letzten drei Jahren zwischen Kind und Kegel angesammelt haben. Wunderbare Sachen wie der kieselgewaschene Country „Strange Apparition“ mit Peanuts-Klavier oder das Krautrock-Nachtlied „Soldier Jane“ – Stücke, die freilich mehr in der Tradition seiner Troubadour-Ausreißer-Werke „Mutations“ und „Sea Change“ stehen. Aber eben versteckt unter größeren Mengen schlampigem, in der Summe extrem eintönigem Slacker-HipHop namens (die Titel sagen alles) „1000 bpm“, „Motorcade“ oder „Nausea“. Songs, die als Illustration einer Tankwartstatt-College-Attitüde heute einfach nicht mehr funktionieren. Musik, der das Desinteresse am Raffinierten so tief eingeschrieben wurde, dass es nicht mal kritisierbar ist. Am Ende wünscht man Beck das, was man 1992 nicht mal seinem schlimmsten Feind gewünscht hätte: erwachsen zu werden.

Ähnliche Probleme gibt es mit Björk oder Oasis, und vielleicht ist das ja typisch und unausweichlich für die halb-alternativen Superstars der Neunziger. Dass sie genau so behäbig immer die Alten bleiben würden wie Springsteen, Prince und Rod Stewart, war damals schlicht nicht vorgesehen,

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