Bill Fay

Who Is The Sender?

Dead Ocean/Cargo

Es gibt diese verrückte Geschichte, die erklärt, weshalb Bill Fay „Life Is People“ herausbrachte, nachdem er 40 Jahre keine Platte veröffentlicht hatte. Ein Mann namens James Henry hörte in Nevada City die Lieder von Fays Alben von 1970 und 1971, und sein Sohn Joshua hörte sie auch. 1998 wurden die Platten wiederveröffentlicht; der Produzent Jim O’Rourke empfahl sie Jeff Tweedy, und der spielte „Be Not So Fearful“ in Konzerten.

Joshua Henry war mittlerweile Produzent in Los Angeles, er suchte Bill Fay, der nur noch Heim-Aufnahmen gemacht und seit 30 Jahren kein Tonstudio betreten hatte. Henry fand den Zurückgezogenen, der jetzt ein freundlich-graubärtiger alter Mann war, buchte zehn Tage in einem Studio und ein Streichquartett, und Fay nahm seine Demos und spielte Klavier, und das wurde 2012 „Life Is People“.

Zwischen „Bill Fay“ 1970 und „Time Of The Last Persecution“ 1971 hatte sich Fay von einem melancholischen jungen Mann in einen jesusartigen, struppigen Schrat verwandelt, vielleicht war er an der Welt irre geworden. Aber er lebte weiter. „Life Is People“ ist eine friendensbewegte, spirituelle Großvater-Platte, Fay singt „The Healing Day“ und „Be At Peace With Yourself“ und Tweedys „Jesus, Etc.“. Alle freuten sich.

„Who Is The Sender?“ ist eine friedensbewegte, spirituelle Großvater-Platte, aber Bill Fay hat eine Transzendenz und Jenseitigkeit erreicht, die so erschüttert, wie nur etwas sehr, sehr Großes erschüttert: eine Geburt, letzte Worte, das Erhabene der Natur, eine religiöse Erfahrung, eine Liebe. Es sind Gospel-Stücke mit Streichern, Piano, elegischen Bläsern, schwellender Orgel und getragener elektrischer Gitarre, alles schwelgt, vielleicht ist es pathetisch, aber so pathetisch wie Bach oder englische Consort-Musik. Feierlich. Ein Leben ist in diese Songs geflossen, jedes Stück ist ein Abschied. Man denkt an das Ende von „The Dark Side Of The Moon“, Balladen von Peter Gabriel und das Georgel von Geraint Watkins, „No More Shall We Part“ von Nick Cave.

Und dann vergisst man alles. „It’s all so deep“, singt Fay in „How Little“, „it’s all so deep.“ Mehr ist nicht. In „War Machine“ beklagt Fay, dass wir Steuern zahlen, mit denen Waffen für Kriege gekauft werden – aber diese Binse klingt wie die Gettysburg Address. „The Geese Are Flying Westward“ – sind das Dudelsäcke im Hintergrund? In „A Page Incomplete“ barmt Fay: „There’s an age up ahead/ Out of reach of this one’s grip/ This I have to believe/ That this world has got to change.“ Es ist ein Hippie-, ein Weihnachts-, ein Gebetsalbum, müsste man sagen, wäre einem vor Rührung nicht die Kehle zugeschnürt.