Billy Riley :: The Mojo Albums Plus
Zwei neue Anthologien mit Songs des Rockabilly-Pioniers
Am Ende überlebte er auch Sam Phillips. Der legendäre Sun-Records-Chef hatte zwar das offensichtlich vorhandene Talent von Billy Lee Riley erkannt, als Jack Clements ihm dessen erste Single vorspielte. Einmal bei Phillips unter Vertrag, vermasselte er ihm – wie von Peter Guralnick dokumentiert – die Karriere gründlich. „,Red Hot‘ ain’t got it!“, erklärte er einem restlos frustrierten Sänger, der fest davon überzeugt war, dass ihm eine fabelhafte Cover-Version des Songs von Billy „The Kid“ Emerson gelungen war. Aber in die Werbung dafür mochte Phillips keinen Cent investieren. Er setzte ganz auf Rileys Pianisten Jerry Lee Lewis, gab jeden Werbe-Dollar für dessen neueste Singles aus. Anstatt sich nach anderen Firmen umzuschauen, blieben auch Charlie Feathers und Warren Smith damals länger bei Phillips‘ Laden, als ihrer Karriere guttun sollte. Riley überlebte auch die, weil er als Multi-Instrumentalist über Jahrzehnte ein bei Kollegen sehr geschätzter Session-Profi war.
Anders als Johnny Cash nicht so klug, rechtzeitig zu „desertieren“, gründete er schließlich mit dem Mojo-Records-Label seine eigene Winzig-Plattenfirma. Viel Hit-Potenzial hatte das aber nicht, was er mit regulärer Begleitband – den Little Green Men, auf der Bühne vormals der Legende zufolge eine ziemlich wilde Truppe – unter dem Pseudonym Skip Wiley für die Single „Fast Livin'“ aufnahm. Die Session-Jobs in Los Angeles (für Dean Martin, Beach Boys, Johnny Rivers, Herb Alpert) ernährten den Mann über die nächsten Jahre schon eher. Die Auftritte auch. Einer davon, im Dezember 1966 mitgeschnitten und unter dem Titel „Southern Soul“ veröffentlicht, war sofort eine noch seltener aufzutreibende Sammler-Rarität als seine Mercury-LPs zuvor. Der Titel war nicht Programm, sondern der eines Songs, zu den ihn als Vorlage „Suzie Q“ unüberhörbar „inspiriert“ hatte. Bei der Gelegenheit spielte er nur zwei weitere eigene Songs, nur nicht einen einzigen seiner Rockabilly-Klassiker.
Die Sun-Records-Klassiker waren zu dem Zeitpunkt längst wiederentdeckt worden. Anstatt für dieses Projekt eine Auswahl seiner besten Songs früherer Jahre noch mal einzuspielen, würdigte er mit Cover-Versionen lieber das Frühwerk von Sun-Kollegen.
Das dringlichere Teil für den Fan, der ohnehin vom Rang dieses Rockabilly-Pioniers überzeugt ist, ist zweifellos „The Outtakes“ (***¿), das jetzt von Bear Family vorgelegte Doppel-Album: die Alternativ-Versionen seiner Sun-Klassiker nicht absolut komplett, sondern in den wichtigsten abweichenden Versionen. In der umfangreichen Broschüre – darin Liner Notes mit fast schon musikwissenschaftlichem Anspruch – abgebildet ist Billy Riley 1992 auf der Bühne mit Bob Dylan. Der erklärte: „This man is my hero.“ (Bear Family)