Blue Valentine  :: Regie: Derek Cianfrance

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„Männer sind romantischer als Frauen“, philosophiert Dean (Ryan Gosling), „Männer heiraten die Frau ihres Lebens. Frauen suchen ihren Traumprinzen und heiraten einen Typen, weil er einen guten Job hat.“ Könnte fast von Woody Allen sein, dieser Aphorismus, der sich zudem hervorragend eignet, um noch heute bei fast jeder Frau als Chauvi abzublitzen (zumindest wenn man nicht klein, rothaarig und ein Hornbrillenträger aus Brooklyn ist). Dieser Kalenderspruch stellt jedenfalls – mit durchaus etwas bitterer Ironie – ein altes Klischee auf den Kopf.

Wie es sich anfühle, verliebt zu sein, fragt Cindy (Michelle Williams) ihre Großmutter. Ach, meint jene, das wisse sie auch nicht recht: „Der Mann, in den du dich verliebst, sollte es wert sein.“ Pragmatismus statt Leidenschaft – so lief das nicht nur zu ihren Zeiten häufig ab. Wäre ja auch ein bisschen naiv zu glauben, die pure Romantik könne eine heiße Liebelei in die Ewigkeit tragen. 

Deans philosophischer Höhenflug und Großmutters Weisheit erreichen einen etwa in der Mitte des Films, als von Romantik und Liebe schon längst keine Rede mehr ist. Dean und Cindy sind ein Ehepaar. Sie leben in einer Kleinstadt, haben ein Haus und eine fünfjährige Tochter namens Frankie. Er arbeitet als Maler, sie als Krankenschwester. Der Ton zwischen ihnen ist angespannt, die emotionale Distanz spürbar von der ersten Sekunde an. Wo die Probleme liegen, wird nie eindeutig formuliert. In rund 24 Stunden sieht man zwei verzweifelten Menschen zu, die nicht mehr weiter wissen, mit sich und dem anderen um Erklärungen ringen und dabei die ganze Zeit aneinander vorbei reden.

Dean hat einen Aufenthalt in einem Liebeshotel gebucht. „Future Room“ heißt das Zimmer aus Edelstahl und elektronischen Spielereien. Ein Happy-End verheißt das eher nicht. Zumal seine Frau sich zuächst ziemlich sträubt, ihn zu begleiten. Sie hat sich offenbar von ihm zurückgezogen. Es gibt aber keinen konkreten Grund dafür oder eine pauschale Schuld. Sie ertrage es einfach nicht mehr, sagt sie nur. Eine absurde Diskussion beginnt.

Zwischen den Zeilen hört man ihre unterschiedlichen Vorstellungen vom richtigen  Leben heraus und wie das Gefühl eines Augenblicks im Nachhinein zu einem falschen Weg geführt hat. Er mache nichts aus seinem Potenzial, meint sie. Er wollte ja auch kein Ehemann und Vater werden, entgegnet er. Stark angetrunken entlädt sich dann ihre Frustration in aggressivem, ja gegenseitig demütigendem Sex, während Rückblenden amüsant zeigen, wie sie sich kennengelernt haben.

Der Schulabbrecher und talentierte Musiker Dean, der ohne Mutter aufgewachsen ist, verliebt sich auf den ersten Blick in Cindy. Die angehende Medizinstudentin, die gerade ihren Freund abserviert hat und unter ihrem herrischen Vater leidet, hält ihn für einen weltfremden Spinner, der zu viel Zeit vor Videorekordern und Leinwänden verbracht hat. Wie er im Eingang eines Brautmodengeschäfts auf der Ukelele einen Folksong spielt, zu dem sie zu steppen versucht, ist eine der sicher schönsten Liebeserklärungen in der Kinogeschichte. Und schließlich gesteht sie ihm, dass sie schwanger ist.

Regisseur Derek Cianfrance, der bisher vor allem Musikdokumentationen über Künstler wie etwa Mos Def oder Annie Lennox gedreht hat, ist ein bemerkenswert wahrhaftiges, komplexes Gefühlsdrama gelungen, das in seinem direkten, intensiven Stil sogar an einigen Stellen an John Cassavetes‘ Meisterwerk „Eine Frau unter Einfluss“ erinnert.

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