Bonnie „Prince“ Billy – Greatest Palace Music
So sehr wir die Wunderwerke dieses obersten Schrates und Sonderlings bewunderten, die merkwürdigen Idiosynkrasien und Abwege, die jähen Kehrtwendungen und kreativen Schübe, das ganze Chaos einer entfesselten Phantasie: In manchen Momenten versuchten wir uns doch vorzustellen, wie die Songs des Will Oldham wohl in süffigen Arrangements klingen würden, mit handelsüblichem Instrumentarium, ordentlichen Musikern und nicht mutwillig zerstörtem Gesang. Auch sehnten wir uns ein wenig nach den frühen Platten vor zehn Jahren, als Oldham noch nicht Bonnie „Prince“ Billy war, sondern sich Palace Brothers nannte, dann Palace Songs und Palace Music Vielleicht hat Oldham selbst solche Überlegungen angestellt, vielleicht hat er entsprechende Bitten erhört. Jedenfalls gibt es jetzt ein Album mit jenen frühen Songs von verstreuten, großartigen kleinen Platten: „There Is No-One What Will Take Care Of You“, „Palace Brothers“, „Hope“, „Viva Last Blues“, der EP „Mountain“, der Sammlung „Lost Blues And Other Songs“. Sie enthalten so tröstliche Sentenzen wie „If there is no one, no one can hurt you“ – und der Song „You Will Miss Me When I Burn“ erklingt jetzt, mit seufzender Pedal Steel Guitar und Fiddle, Piano und dezentem Frauengesang, auf „Greatest Palace Music“. Der Purist, der unerschrockene Oldham-Verehrer wird diese üppigen Arrangements, diese Harmonieseligkeit, Streicher und Klavier allerorten nicht ohne Maulen goutieren können. Aber Billy unternimmt hier nichts Geringeres als die Eroberung Nashvilles, die Entdeckung des Wohlklangs, des großen, herzergreifenden Liedes. Jene Emotionen, die er stets in kargem, abweisendem Geschrummel oder in den maschinellen Abstraktionen von „Ariserise Therefore“ verborgen hatte, stellt er nun unerschrocken aus. Er singt, er swingt, er tanzt im Quadrat. Wunderbar, wie der alte, kümmerliche und sonst so verzagte Nuschler plötzlich frohgemut „I Send My Love To You“ wie beim Scheunenschwof intoniert und „I Am A Cinematographer“ in einen Boogie verwandelt.
Doch auch die ernstesten Lieder, so unheimliche und anrührende Stücke wie „More Brother Rides“, „No More Workhouse Blues“, „Agnes, Queen Of Sorrow“, „Riding“, sind bedrängend und berückend arrangiert. Das Verhärmte fehlt, die Tiefe nicht. Natürlich waren die Sehnsuchtslieder „Gulf Shores“ und „West Palm Beach“ schon immer ergreifend – aber in manchem Fall malt Oldham seine früheren Entwürfe erst aus, ergänzt, verschiebt, erweitert.
Es gibt nicht viele Beispiele für geglückte Remakes in der Kunst. Der Reichtum, die Schönheit und die Meisterschaft dieses Albums sind exemplarisch. Remaster!