Bonnie „Prince“ Billy – Master And Everyone :: Domino/Zomba

Eines der bemerkenswertesten Phänomene der Popmusik des letzten Jahres war wohl die Wiederentdeckung eines Stilmittels, das zuvor wohl neben Mark Hollis nur wenige andere Musiker in diesem Bereich zu schätzen wussten: die Ökonomie der Stille, das Weniger-ist-mehr. So fand ein Meister dieser Technik, Jason Molina von Songs: Ohia, mit „Didn’t It Rain“ endlich die längst verdiente Anerkennung, und Beck entdeckte neben der Opulenz auch die Auslassung, aber den Zenit der Laut- und Bewegungslosigkeit erreichte wohl eine Band aus Nashville: Lambchop.

Verantwortlich hierfür war unter anderem Produzent und Toningeneur Mark Nevers, der sich nach David Berman von den Silver Jews und Kurt Wagner von Lambchop mit Bonnie „Prince“ Billy aka Will Oldham nun einen weiteren äußerst verschrobenen Kooperationspartner gesucht und gleich noch zwei Lambchop-Musiker mitgebracht hat.

Auch „Master And Everyone“ ist ein Album der Stille, der Einkehr geworden – und zweifelsohne das schönste. Sparsam instrumentiert aber atmosphärisch produziert singt, ja: haucht Will Oldham, begleitet meist nur von der Akustischen, Bass und der Stimme von Marty Slayton (die auch schon mit George Strait sang) seine bisher schönsten, anrührendsten, sehnsuchtsvollsten Songs. Nicht Verrat, Sünde und Hoffnungslosigkeit beherrschen diesmal den Oldhamschen Kosmos, sondern ganz allein die Liebe.

Doch bei aller Zartheit von Lyrik und Gesang klingt seine Stimme noch immer, als käme sie direkt vom Galgenberg hinunter. Und von dort, das wissen wir seit Christian Morgenstern, sieht man die Welt ein bisschen anders. “ Why can’t I be loved as what I am/ A wolf among wolves/ And not as a man among men.“ Wem die Liedkunst Will Oldhams bisher zu zerschossen und unheilvoll daherkam, der wird mit „Master And Everyone“ seinen Frieden mit dem Schrat schließen und in ihm einen der großer amerikanischer Songkünstler, in einer Liga mit Townes Van Zandt und wenigen anderen, finden. Und ich würde mich in meinen Turnschuhen auf Wolfgang Doebelings Kaffeetisch stellen, um ihm das zu sagen. Kuschelfolk it ain’t.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates