Brian Wilson :: That Lucky Old Sun

Die Rückkehr Brian Wilsons zu jenem Label Capitol, bei dem er mit den Beach Boys seine ersten Platten veröffentlichte, war als Triumph geplant worden. Auf einer Terrasse des legendären Turms an der Vine Street wurde der Veteran in gleißender Sonne vor die Fotografen und Kameraleute geschoben, Mikrofone reckten sich ihm entgegen. Wilsons Gesicht blieb unbewegt, während er zungenschwer von seiner Freude erzählte. „Full circle“, hört man oft.

Die spielfilmlange Dokumentation der Plattenaufnahmen hangelt sich an einer Chronologie der Geschichte von Kalifornien entlang, als wäre Brian Wilson seit 200 Jahren ein Teil von ihr. Der Journalist David Wild, Mitglieder von Wilsons Band und Billy Ray Thornton (aus Alabama) äußern sich zu Wilsons Beitrag zu Surf, Sonne, Hot Rod und überhaupt kalifornischer Lebensart.

Von Drogen und Paranoia ist kaum die Rede. Im Studio kontrolliert der stoische Künstler, angetan mit Jogging-Hose, Hawaii-Hemd und Sportschuhen, rigide die Harmoniegesänge seiner Musiker: Weil er in seinem Kopf immer schon das gesamte Arrangement hört, hat er es eilig mit der Umsetzung und kann durchaus unduldsam werden. Doch keiner ist unter den Mitwirkenden, der nicht seinen Genius bewundert.

Andererseits ist Wilsons Hommage an Kalifornien ein Fest der Wiederholung und des Manierismus: Die Harmonien sind ebenso entliehen wie die Melodien und Textversatzstücke, und der ewige Lobgesang des Strandes und des blauen Himmels kann auch zum Tort guter Laune werden. Auf „Orange Crate Art“ hatte Wilson mit Hilfe von Van Dyke Parks schon subtiler die Kalifornien-Nostalgie besungen.

Hier bringen Parks‘ eingestreute Rezitative manche Länge in den Reigen. Im Studio spielt die Band perfekt das komplette Album- alles ist Harmonie, Schönklang, Anästhesie. Die Kritiker wollten ihr Missvergnügen nicht so deutlich formulieren – aber „That Lucky Old Sun“ wurde überall wie die Platte eines Kranken besprochen, der sich nicht aufregen darf.

Robin Pecknold von den Fleet Foxes schildert die Inspiration durch Brian Wilsons Musik. Es war ausgerechnet das epigonale Debüt-Album seiner Band, das im letzten Jahr alle Elogen erntete: Die Sonne scheint nicht gleichermaßen auf alle.

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