Britney Jean :: Öder Konfektions-Pop mit viel Autotune und Bollerbeats

Von nichts kommt nichts, pflegte schon meine selige Großmutter zu sagen, und so sieht es auch Britney Spears, die auf ihrem neuen Langspielwerk „Britney Jean“ im Alter von 31 Jahren auf ihr bewegtes Leben zurückblickt, über Erfolge und Misserfolge sinniert sowie einige bislang gut gehütete Berufsgeheimnisse lüftet. Wenn man einen sportlich gestählten Körper sowie einen Maserati besitzen will, wenn man gerne Champagner trinkt, heiß im Bikini aussehen möchte und lieber in Frankreich feiert als in einem Jugendzentrum an der Unterhavel, dann ist vor allem eins wichtig: „Du musst arbeiten, du Schlampe!“ So jedenfalls der leitende Imperativ in der Single „Work Bitch“, mit der Britney Spears ihr achtes und nach eigener Auskunft persönlichstes Album eröffnet; in dem dazugehörigen Video sieht man sie lediglich mit Unterwäsche und schambeinhohen Lacklederstiefeln bekleidet auf einer Betonplatte in einer Wüste mit anderen Prostituierten tanzen.

Gegen die Vielzahl an aktuellen, emanzipierten, an selbstbestimmtem Leben und künstlerischer Autonomie interessierten Popsängerinnen von Lady Gaga bis Miley Cyrus, von Katy Perry bis Sky Ferreira vertritt Britney Spears eine geradezu selten gewordene Gegenposition; dies allerdings konsequent: Sie unterwirft sich gerne dem männlich-sexistischen Blick und dem Diktat der Konsumgesellschaft; sie lässt sich ihre Texte, Lieder und Sounds ganz willenlos von Horden von zusammenhanglos zusammengebuchten Konfektionsschneidern anliefern und singt sich dann ebenso geistesabwesend durch diese hindurch, wie sie mit leerem, auf nachgerade schon tragische Weise vergeblich um Erotik bemühten Blick durch ihre Videos hampelt.

Die meisten Songs auf „Britney Jean“ klingen mit ihrem sensationell planlosen Einsatz von Autotune und hektisch rauf-und runtergepitchten Bollerbeats in etwa so, als sei einer von diesen vielbeschäftigten und deswegen auch ziemlich übermüdeten Mietproduzenten nach einem langen Tag im Studio entschlummert und mit dem Kopf auf den nunmehr im Leerlauf vor sich hin rappelnden Effektgeräten liegengeblieben. Ach, fände man selbst doch nur auch etwas Ruhe inmitten dieses öden Geklöters. (Universal) JENS BALZER

Broken Bells

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