Corey Harris – Greens From The Garden :: Alligator/Edel Contraire

Sonne über dem Delta: alte Blues-Erfahrung in neuem Konzept

Wenn der Blues nicht mehr einfach „der Blues“ (der vielen Klischees) sein soll, sondern etwas darüber Hinausgehendes, dann sollte er auch wissen, wohin er will. Corey Harris, zuletzt Gast auf Billy Braggs „Mermaid Avenue“, gehört zu den wenigen jüngeren Künstlern, die dieses „Wohin“ wirklich verkörpern und definieren.

Schon auf seinem letzten Album „Fish Ain’t Bitin“hatte der studierte Anthropologe aus Denver/Colorado die akustische Delta-Blues-Renaissance ins French Quarter von New Orleans verlegt. „Greens From The Garden“ fällt stilistisch noch offener und mutiger aus, ohne sich je auf Nebenschauplätzen zu verzetteln. Harris‘ drittes Album sein erstes teilelektrifiziertes – ist von der Struktur her sogar ein HipHop-Album, mit den Instrumental- und Hörspieleinlagen („skits“), die zwischen den elf Songs vermitteln, kommentieren, neue Perspektiven eröffnen.

Puristen müssen aber nicht vollends verzweifeln: Harris läßt den Rap im Sack. Dafür richtet er sein Delta-Menü mit Beilagen aus Reggae, Soul, Ragtime, New Orleans-R&B, Cajun und Gospel an, als wäre dies in jeder Blues-Küche südlich von Memphis eine Selbstverständlichkeit. So schafft es der Ex-Französisch-Lehrer (der gelegentlich auch französisch singt), die alte Blues-Erfahrung, die er ja selbst nur bedingt gemacht bzw. aus zweiter Hand hat, in einen aktuellen Kontext zu überführen – vor allem in selbstverfaßten Songs wie „Lynch Blues“, „Basehead“ und dem furios rockenden, mit Pidgin English versetzten „Wild West“. Der reichen, vielfaltigen Instrumentierung, auch seiner Slide-Künste zum Trotz bleibt dabei Harris‘ Stimme das Zentrum der Platte: aufgekratzt, überschwenglich, mysteriös, frivol, dunkel wie eine Kreuzung am Mississippi um Mitternacht, hell und erhaben wie die aufgehende Sonne über dem Delta.

Corey Harris‘ Blues ist auf „Greens From The Garden“ das, was der beste Blues immer war: eine sinnlich-rhythmische Erfahrung, die den Kopf nicht beleidigt Es ist also angerichtet; als Dessert lockt noch einmal Woody Guthries „Teabag Blues“. Bedienen muß man sich aber schon selber.

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