David Poe
Sie kommen einfach nicht aus der Mode, die Burschen mit den weichen Stimmen und den wunden Herzen, die Melancholie und Zynismus zu gleichen Teilen in die Waagschale ihrer Kunst werten. Vermutlich, weil sie nie Gefahr laufen, wirklich in Mode zu sein. Alle Jahre wieder stürmt so ein US-Songwriter aus der Kulisse, wird kurz mal in den Himmel gehoben, um dann wieder in den Niederungen des Geschäfts zu entschwinden. So erging es Michael Penn, so erging es Freedy Johnston, ergeht es dem ähnlich erstaunlich begabten David Poe nun etwa ebenso?
Wäre schon schade, nimmt man dieses Debüt zum Maßstab, das freilich kaum wie ein Debüt klingt. Und das nicht, weil es zunächst zwei Jahre vergeblich in der Major-Warteschleife rotierte. Keine Verlegenheiten, nichts Halbgares, reif und zuweilen eine Spur zu abgeklärt kommen sie daher, diese elf Songs, die luftig um und zwischen Pop, Folk und Jazz kreiseln; auf den Punkt geschrieben, clever arrangiert, markant produziert. T-Bone Burnett versteht sein Handwerk also doch noch und kann dabei auf Könner wie Gitarrist Marc Ribot und die Rhythmusgruppe Sim Cain (Rollins Band) und John Abbey (John Cale) vertrauen.
„Die Songs enthalten alles, was mir bisher passierte“, sagt David Poe. Worauf man „Oje“ sagen möchte, um sich dann gerade noch zu erinnern, dass durchs Wahrnehmungssieb der Songwriter die schönen Dinge ja meist durchflutschen, während die nicht so schönen ja immer irgendwie hängenbleiben. In Reviews fiel öfter der Name Costello. Was nur mit dem gallebitteren Sarkasmus zu tun haben kann, den Poe auf den Spuren des frühen Elvis pflegt – im scharfen Kontrast zu einer alles andere als schneidenden Stimme allerdings. Kostprobe? „If I saw you getting beaten in the street I wouldn’t let them hurt you“, singt Poe in „Bloody“, um dann trocken hinzuzusetzen: „that privilege is reserved for me“. Todestrunken gar kommen die in schweren Streichern badenden „Silver Eyelashes“ daher, der Trip zur Family-„Reunion“ legt Folk-Roots bloß.
Und mittendrin immer wieder Zeilen, für die andere seiner Zunft gern ihre letzte Gitarre geben würden. „I hear the look behind your eyes“ (aus „Telephone Song“) ist nur eine davon.