Death Proof :: Quentin Tarantino (Start 26.7.)

„Kennt ihr überhaupt die Leute und Serien, von denen ich rede?“ Der alternde Kerl mit Elvis-Tolle und silberfarbener Jacke erzählt, er sei das Double von Lee Majors in „Shiloh Ranch“ und bei „Vegas“ der Stuntfahrer von Robert Urich gewesen, doch die jungen Mädchen an der Bar schütteln nur mitleidig den Kopf über Stuntman Mike, den Kurt Russell spielt. Der hatte seine größten Kinoerfolge in den 8oer Jahren, etwa mit“Die Klapperschlange“. Und ein Mann spottet: „Die Narbe im Gesicht hat er wohl vom Sturz aus seiner Zeitmaschine.“ Das ist auch das Problem mit Quentin Tarantino: Wer kennt schon die Filme, die er in seinen Filmen verbal und visuell zitiert und variiert? Er eignet sich Vergangenes und Verschollenes an, kramt im Abseitigen, verbindet Klassiker mit Kult, plündertvom Western bis Fernost den Trash u nd das Triviale und verwandelt alles triumphal in neues, ganz eigenes, popkulturelles Kino. Der King of the B’s dreht nicht für Kids, sondern für Filmfreaks, die wie er um die 40 und meistens männlich sind und die Ironie sehen in der Erinnerung, dem leidenschaftlichen Ernst, Alltäglichen und Anderen.

Im Nachhinein ist klar, dass die Idee eines Double Feature aus Tarantinos „Death Proof“ und „Planet Terror“ von Robert Rodriguez kommerziell scheitern musste. Die Reminiszenz an das Grindhouse, wie Amerikaner das schmuddelige Programmkino nennen, wo man früher zwei Schundfilme etwa aus Italien nacheinander sah, ist für die Multiplex-Generation von heute zu weit weg. Als Mike eine Mittzwanzigerin fragt, wie wohl die Karambolagen und Explosionen in Filmen entstünden, meint sie:

„Durch Computertricks.‘ Sie wird das erste Opfer in seinem „todsicher“ umgebauten Wagen, mit dem er nachts in das Auto von vier Mädchen rast. Einen solch wuchtigen Aufprall, in Zeitlupe aus mehreren Perspektiven wiederholt, hat man seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen.

Tarantino hat nun eine rund 15 Minuten längere Solofassung geschnitten, in der zwar die sehr lustige Trailershow fehlt, die aber atmosphärisch und dramaturgisch viel besser läuft. Der Plot besteht aus ähnlichen, aber spiegelverkehrt endenden Hälften. Zwei Frauencliquen schwatzen jeweils über Drogen, Musik, Filme und Autos, lästern über Männer, Lap Dance, dürre unechte Blondinen und die Vorzüge knackiger schwarzer Hintern. Während der Anfang etwas zäh in Schwung kommt und die Mädels (Sydney Tamiia Poitier, Jordan Ladd, Vanessa Ferlito) auf der Strecke bleiben, geben Rosario Dawson, Tracie Thoms und „Kill Bill“-Stuntfrau Zoe Bell richtig Gas: Im weißen 1970 DodgeChallenger, jenem Modell aus „Vanishing Point“, hetzensie Mike fluchend und feixend, Blech an Blech, schrottreif.

Zu den detailverliebten Bildern entfaltet Tarantino mit genüsslicher Ruhe in den Dialogen aus Banalem unnachahmliche Pointen. Natürlich werden Kritiker wieder Sexismus und Brutalität beklagen. Das muss man als Lob deuten: In einem immer mehr an Familien orientierten Kino wagt Tarantino die letzten echten Erwachsenenfilme.

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