Del Amitri – Twisted

Dieses Album fängt zweimal an. Oder besser: „Twisted“ erlaubt sich den Luxus einer Ouvertüre, in zwei Akten. Zunächst, im aufrecht rockenden „Food For Songs“, reflektiert Justin Currie seine Profession als Songwriter aus dem originellen Blickwinkel eines von der Welt (wie wir sie kennen) Marginalisierten, der nicht (Kanonen-)Futter für die nächste Hit-Hookline werden will. Daraus zieht er folgerichtig den Schluß, daß die große Revolution ja sowieso ausfallen muß, weshalb dem nahestehenden Wesen zu raten ist: „Start With Me.“ Was sie dann auch tut, nicht ohne gewissen Irritationen anheim zu fallen, versteht sich.

Erst mit „Here And Now“ starten Currie und Kompagnon Ian Harvie richtig durch, zu einem genau sezierenden Trip durch den Mikrokosmos alltäglichen Beziehungswustes. Wechselnde Perspektiven bleiben dabei auch weiterhin die große Stärke des oft unterschätzten Currie, der nach wie vor fast ausschließlich auf seinen Song „Nothing Ever Happens“ reduziert wird, eine zugegebenermaßen grandiose Vertonung einer trostlosen Existenz im ewigen Wartestand. In „Teil Her This“ wartet Currie dann selbst – aufs Telephon, das doch bitteschön klingeln möge. Zuvor mußte er einen Kurier bemühen, um der Liebsten mitzuteilen, daß sein Gehirn eben „von Zeit zu Zeit einfriere“. Bei „It’s Never To Late To Be Alone“ gibt schon der Titel die Pointe preis. (Was man bedauern kann, aber nicht muß).

Die leicht ins Irre kippende Slow-Motion-Sitzung „One Thing Left To Do“ (na, was wohl?) formuliert dabei eine Radikalität der Emotionen, die eigentlich untypisch für Currie/Harvie ist. Die fühlen sich eher in den Grauzonen des Gefühls heimisch, bevor alles „Crashing Down“ (Song-Titel) kommt.

In Stiefeln schwimmen, mit angezogener Handbremse fahren – das ist ihr Metier. Dort, wo ein bißchen Glück nie genug ist, aber eben auch das einzige, woran man sich klammern kann wo es schwer fallt, im Dämmerschoppen gemischter Gefühle Absolutheiten von Liebe zu artikulieren. Menschen, die sich vor dem Leben (ab solches) furchten, mögen und dürfen das „spießig“ nennen. Aber man sollte die Leichtigkeit einiger Songs (etwa das fast schon unverschämt fröhliche „Roll To Me“) nicht mit Banalität verwechseln. Fragwürdig wird’s allenfalls und schon eher dann, wenn Currie seine melancholischen Classic-Song-Pirouetten, die Vertrautes zwar nur, aber gut umformulieren, in bemüht dissonanten Codas ausfransen läßt Del Amitri sind weder Neil Young noch Sonic Youth. Und das ist gut so. Denn Schotten haben die besseren Lieder – zumindest für bestimmte Lebenslagen.

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