Die Türen

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Staatsakt

Wenn man einem Außerirdischen, dernoch nie den sogenannten deutschen Diskurspop gehört hat, einen Sack mit Zeitungsartikeln zum Thema geben und ihn bitten würde, nur nach diesen Angaben eine synthetische Blumfeld-Platte herzustellen – sie würde wahrscheinlich so klingen wie das neue Album der Berliner Band Die Türen.

Also überhaupt nicht nach Blumfeld, sondern: nach übermotivierter Slam Poetry, die fast keinen Satz ohne Wortspiel bilden kann („Wissen ist Macht kaputt, was euch kaputt macht“), die von Truck Stop über Tony Marshall bis Adorno auf alles anspielt und jeden ein bisschen zitiert (eine Adorno-Anspielung habe ich zwar nicht gefunden, aber es muss irgendwo eine sein) und ausschließlich um die typischen zwei, drei Bohème-Probleme kreist. Größtenteils so meta, dass es nur eine Parodie sein kann – oder die Parodie einer Parodie, denn die drei Türen sind natürlich schlaue Leute.

Ihr (seit 2004) viertes Album ist das, die damals für die eigenen Veröffentlichungen gegründete Plattenfirma Staatsakt hat sich zum derzeit besten Label für deutschen Pop gemausert (Ja, Panik, Chistiane Rösinger, Bonaparte etc.). Und tatsächlich ist die Band mittlerweile selbst musikalisch so gut und interessant, dass man wenigstens weiß, warum man sich diese hektische Hipster-Selbstironiekritik antun muss. Sie machen schöne Neu!-Imitationen, Mod-Disco mit Hosenträgern und Ska-Hütchen, und sogar ein von vorne bis hinten durchkokettierter Song wie „Pop ist tot“ hat einen solchen Fußballerparty-Drive, dass man mitsingen will: „Böse Menschen haben keine Lieder, sie laden nur darnieder!“ Mike Krüger war lustiger, aber der konnte keine Songs schreiben.