Dinosaur Jr. – Farm :: Alte Schule
Natürlich war der miesepetrige Bassist Lou Barlow der Erste (und womöglich Einzige?), der etwas auszusetzen hatte an „Beyond“, dem ersten Dinosaur Jr.-Album in Originalbesetzung nach fast 20 Jahren. Es sei lediglich ein „respectable alt-rock effort“ gewesen, grummelte er. Das neue Werk dagegen mache dort weiter, wo die Band 1988 mit „Bug“ aufgehört habe – „totally old school“. Interessante Einschätzung. Bislang wäre man jedenfalls nicht auf die Idee gekommen, Dinosaur Jr. seien irgendwann in ihrer Karriere einmal nicht old school gewesen.
Was der Band nach dem Rauswurf von Barlow und später auch Schlagzeuger Murph in den Neunzigern fehlte, war vor allem die unvergleichliche Wucht der ersten drei Alben. Und die war auf „Beyond“ trotz langer Pause und all der offenen seelischen Wunden direkt wieder da. In dieser Besetzung sind Dinosaur Jr. keine Band, sie sind ein Naturgesetz – berechenbar, aber auch unausweichlich.
Es kann einen also nicht verwundern, dass sich auf „Farm“ zu bis zum Anschlag aufgedrehten Verstärkern schon nach zehn Sekunden der erste unwiderstehliche Akkordwechsel, nach 30 Sekunden die erste süchtig machende Melodie und die erste unverständliche Songzeile, zwischen Minute zwei und drei das erste jaulende Gitarrensolo und nach viereinhalb Minuten der erste neue Lieblingssong entfaltet haben.
Dass es danach noch lauter, brachialer, nöliger, kopfhängerischer, hymnischer – eben: Dinosaur Jr.-esker weitergeht, versteht sich von selbst. Ebenso dass die drei besten Stücke die Sechs-Minuten-Marke weit überschreiten und doch viel zu kurz sind, und dass J Mascis dazu von Ängsten nuschelt und jammert, die ihn und uns seit den Teenagerjahren nicht mehr loslassen. Auch Lou Barlow durfte wieder zwei Songs beisteuern. Es sind naturgemäß die kürzesten, die konzisesten.
„Farm“ ist nach dem gelungenen Comeback der nächste Triumph: Dinosaur Jr. haben sich wieder einmal erfolgreich nicht neu erfunden und sind stattdessen einfach noch ein Stückchen mehr Dinosaur Jr. als auf dem letzten Album. Lou Barlow hatte vermutlich mit allem recht.