Discographie Tom Waits
„Closinq Time“ (1973)
Jede Menge Songschreiber wurden Anfang der Siebziger unter Vertrag genommen, der hoffnungsvollste war der sehr junge Jackson Browne. Unter den Kaliforniern fiel Tom Waits sofort auf, er stilisierte sich als Beatnik, konnte sich jedoch nicht von den Vorstellungen des Produzenten Jerry Yester emanzipieren. Wo Waits schon Baß und Trompete herausstellen wollte, gab es schließlich einen seichten Sound, und die Eagles covetten „Ol‘ ’55“. 4,0
„The Heart Of Saturday Night“ (1974)
Tief im Klischee, aber schön: David Geffen hatte erkannt, daß Waits‘ Etablierung als Folk-Sänger scheitern mußte. Dafür sah er ihn als Jazz- und Beat“-Songschreiber. Plattentitel, Cover und Songs korrespondierten in einer melancholisch schwelgenden Anverwandlung an Edward Hoppers „Nighthawks“ – allerdings in Hollywood. 3,5
„Niqhthawks At The Diner“ (1975)
Die nächste Platte heiß dann auch gleich so. Vor einem kleinen Studio-Publikum inszenierte sich Waits als Geschichtenerzähler und Jazz-Poet, eher Standup und Troubadour als Musiker. Angeblich sei der durch Monologe lose verbundene Song-Reigen als Parodie auf Alleinunterhalter angelegt gewesen, so Bones Howe, der die LP aufnahm. 3,0
„Small Chanqe“ (1976)
Ein großer Schritt vorwärts: „Tom Traubert’s Blues“ und „Step Right Up“, „The Piano Has Been Drinking“ und „Small Change“ gehören zu den großen Waits-Songs, und allmählich verfertigte der Sänger seine eigene Persona. Bone Howe nahm die Platte im Stil der Jazz-Alben der 50er Jahre auf und ließ allen Schmus weg. 3,0
„Foreign Affairs“ (1977)
Das Kinematographische, ohnehin immer nah bei Waits, drängte sich in den Vordergrund, ebenso die alte Verfallenheit an die Beatniks Jack Kerouac und Neal Cassady. Das Duett mit Bette Midier, „I Never Talk To Strangers“, ist amüsant, aber harmlos. „Burma Shave“ verweist auf spätere Schauergeschichten vom Fernen Osten. 4,0
„Blue Valentine“ (1978)
Ein Versuch in Schmalz mit den Freunden Rickie Lee Jones und Chuck E. Weiss, und Waits spielt bei sechs Songs die elektrische Gitarre. Bei aller Sentimentalität von „Somewhere“ und bittersüßen Kindheitserinnerungen nimmt „A Sweet Little Bullet From A Pretty Blue Gun“ den späteren, brutaleren Tom Waits vorweg. 3,5
„Heartattack And Vine“ (1980)
Waits bereitet den Übergang in sumpfigere Gefilde vor „Heartattack“ gibt einen Eindruck davon. Doch Sentiment und Streicher fehlen nicht – „Saving All My Love For You“ zählt zu den kitschigsten, wenn auch rührendsten Momenten seines Schaffens. „Ich wollte den Gebrauch von Messer und Gabel vermeiden“, so Waits. 3,5
„Swordfishtrombones“ (1983)
Nach dem Soundtrack für „One From The Heart“, den er souverän komponierte, vollzog Waits eine atemberaubende Wende, ohne die Verbindung zur Vergangenheit zu kappen: „Swordfishtrombones“ ist eine Platte ohne Beispiel, in der Blues jazz, Weill, Klavierballaden und undefinierbarer Lärm in nie gehörter Weise zusammenklingen. 5,0
„Rain Doqs“ (1985)
Noch ein Geniestreich, in Sound und Instrumentierung schlichter, essentieller gehalten: Marc Ribot und, bei drei Tracks, Keef Richards an der Gitarre sorgen für den knorrigen Background für Waits‘ diesmal besonders derbe Geschichten. Unter den abgewrackten, gelassen inszenierten Stücken ist auch „Downtown Train“, das es Rod Stewart einfach gemacht hat 5,0
„Frank’s Wild Years“ (1987)
„Un operachi romantico in two acts“, die in Chicago sogar aufgeführt wurde – und die am bösesten unterschätzte Platte von Waits ist. Mit seinen Lieblingsmusikem, einem patinierten Klang und Stimmverzerrern steigt Waits in eine Welt aus schwarzer Romantik, frühem Showbiz und zerquältem Sinatra. 4,5
„Bone Machine“ (1992)
Keine Entwicklung, aber ein majestätischer Stillstand: „Earth Died Screaming“ mag allzu absichtsvoll schwarz und verlärmt sein, aber Verderbnis und Untergang sind mit gewissermaßen abgeklärter Geste inszeniert. Düsterer war es nie in Waits‘ Welt. Ein Spätwerk in Weisheit und Trotz. 4,5
„The Black Rider“ (1993)
Eine Auftragsarbeit, möglicherweise trotzdem eine Liebesarbeit Mit dem Regisseur Robert Wilson und William S. Burroughs arbeitete Waits an einer Umdichtung des „Freischütz“, und das zunächst für einen Blattschuß gehaltene Singspiel ist bis heute immer irgendwo auf der Bühne zu sehen. Toms Musik: muntere Genre-Skizzen. 3,0
Mule Variations“ (1999)
Ein langes Schweigen folgte der Theatermusik zu „The Black Rider“, die alle Waitsschen Topoi spielerisch und burlesk variiert „Mule Variations“ beginnt mit dem raunzenden „Big In Japan“ und bewegt sich dann in mittlerer Ton- und Stimmungslage. Der Erfolg dieser Platte erklärt sich eher aus Tom Waits als aus der Platte selbst Die hat mit dem Hier 8C Heute nichts zu tun und spielt vollends im transzendentalen Raum, den Waits geschaffen hat. 4,5