Diverse – Blowing The Fuse – R&B Classics

Eigenlob stinkt in diesem Fall mal nicht. Bei Bear Family Records kann man stolz sein auf diese Serie, die locker den Standard von den wenigen vergleichbaren wie „The Golden Age Of American Rock’n’Roll“ erreicht Das gilt zum einen für die nach den Jahrgangsbesten – dokumentiert von 1945 bis 1960 getroffene Auswahl. Dokumentiert werden die Aufnahmen genauso informativ und gründlich wie bei ähnlichen Projekten der englischen Konkurrenz. Was Aufnahme- und Fotomaterial angeht, investierte man in die Recherchen nach bestmöglichen Vorlagen offensichtlich eine Menge Zeit und Geld. Nichts vonwegen Geiz ist geil.

Das Sequencing überließ man Dave „Daddy Cool“ Both, einem Veteranen, der dafür votierte, neben den Erfolgs-Songs jener Jahre auch ein paar obskurere, gleichwohl hervorragende Aufnahmen zu präsentieren. Bis heute populäres Liedgut überwiegt dann doch, ohne dass das stur nach Hitparaden-Notierungen ausgesucht worden wäre. Was diese Retrospektive der goldenen Ära des Rhythm & Blues nebenbei noch einmal dokumentiert: R&B war damals zumindest das genaue Gegenteil von musikalischer Monokultur, nämlich genau genommen nur der Oberbegriff für alles, was irgendwo unter „race record“ firmierte. Die Lieder der Orioles, Penguins und Moonglows, von denen Paul Simon in „Rene And Georgette Magritte With Their Dog After The War“ so nostalgisch schwärmt, fand man an der Spitze der einschlägigen Hitparade genauso wie die jazzige Adaption von „Route 66“ durch das Nat Cole Trio. Den Nr. 1-Hit, den Johnny Ace damals mit „Pledging My Love“ hatte, würde man wiederum mit dem Begriff Rhythm & Blues genauso wenig assoziieren wie John Lee Hookers „Tm In The Mood“, „Money Honey“ von den Drifters oder Smiley Lewis‘ „I Hear You Knocking“. Aber die findet man natürlich alle hier. Die frühen Rock’n’Roll-Hits von Fats Domino, Little Richard, Bo Diddley und Chuck Berry selbstredend auch. Da gab’s keine semantischen Spitzfindigkeiten oder Berührungsängste, aufgrund derer sich solche Notierungen verboten hätten.

Manche R & B-Hits wurden das, was man Crossover-Erfolge nennen mag. Aber bis die von Atlantic, Chess, Vee-Jey und so vielen anderen Indie-Labels propagierten Musiker auch bei Fans weißer Hautfarbe zu Anerkennung und Ruhm gelangten, dauerte es doch oft bis in die späten 50er, frühen 60er Jahre. Der Fairness halber muss man in diesem Zusammenhang auch noch einmal sagen, dass diese englischen Bands von Animals und Beatles bis Rolling Stones und Yardbirds einiges mehr dazu beitrugen als die US-amerikanischen Kollegen der „farbigen“ Rhythm & Blues-Stars. Das gilt auch für jemand wie den hier vertretenen Jimmy Reed, der als Gitarrist und Sänger Noten nicht unbedingt immer korrekt traf. In England und bei Blues-Festivals auf dem Kontinent war der ein Star wie John Lee Hooker, Elmore James und Muddy Waters.

In einer „Note On Sound Quality“ entschuldigt man sich dafür, dass man nichts – auch bei Vorlagen wie dem berühmten „Cherry Red Blues“ von Eddie Vinson nicht (von Schellack-78ern überspielt) – durch Entrauschen klanglich zu Tode meuchelte. Das hätt’s nicht gebraucht. Denn das wäre bei diesen Aufnahmen furchtbar gewesen.

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