Don McLean – American Pie

Dass Songs andere Songs „inspirieren“, passiert ja bekanntlich häufiger. Dass jemand einen Song über einen Song schreibt und der dann nicht nur ein genauso großer Hit, sondern auch noch von vielen gern gesungener Standard wird, ist eher die Ausnahme. Genau das aber war Roberta Flacks „Killing Me Softly (With His Song)“, einer dieser Edel-Schmachtfetzen, bei denen es Millionen zu Hörern so ging wie dem jungen Werther, von dem es bei Goethe heißt: „Kurz und gut, ich habe eine Bekanntschaft gemacht, die mein Herz näher angeht.“

Zu Tränen gerührt hatte die Komponistin dieses Liedes ein anderes, das auch Millionen zu Herzen gegangen war. Mit „American Pie“ konnten sich offenbar noch mehr Menschen identifizieren als ein Jahr zuvor mit James Taylors Drogen-Abgesang „Fire And Rain“. Mit zärtlichem Pathos und viel Wehmut in der Stimme behauptete da ein vormals völlig unbekannter Singer/Songwriter, der 3. Februar 1959 (der Tag, an dem Buddy Holly mit der kleinen Charter-Maschine abschmierte) sei „the day the music died“ gewesen. Was einer strengen historisch-kritischen Betrachtung zwar nicht standhält, aber so überzeugend vorgetragen wurde, dass niemand das weiter hinterfragen mochte.

Wie all die Fred Neils, John Sebastians und Bob Dylans hatte dieser Don McLean erst mal ein paar Lehr- und Wanderjahre in Folk-Clubs absolvieren müssen, bevor er dann doch „entdeckt“ wurde. Sein erstes, höchst ambitioniertes Projekt – ein Musical über Vincent Van Gogh – lehnten alle Plattenfirmen ab. Irgendwem fiel dann doch auf, dass ein paar von McLeans Songs beachtliche Ohrwurmqualitäten hatten. Also übernahm das Label MediaArts von ihm – ein Jahr vor dem gleichnamigen von Carole King – ein Album mit dem Titel „Tapestry“ mit besagtem Liebeslied und anderem verträumtem Liedgut wie „Castles In The Air“. Kein Airplay, kein Hit, wollte (noch) niemand hören, auch nicht „And I Love Her So“, mit dem Perry Como drei Jahre später einen großen Hit hatte.

Einmal in der Konkursmasse von MediaArts an EMI gefallen, bot McLean denen an der Vine Street ein nächstes Album an. Irgendwem muss er da erzählt haben, dass er „American Pie“ für (s)ein Meisterwerk halte und davon überzeugt haben, dass der ein gewisses Hit-Potenzial aufwies. Jedenfalls veröffentlichte die Firma das schließlich. Den achteinhalb Minuten langen Song auf zwei Single-Seiten verteilt. Was Discjockeys landauf, landab für so albern hielten, dass sie lieber das ganze Stück spielten. Der Rest ist Pop-Geschichte. Millionen lauschten andächtig, auch Lori Liebermann, als Don McLean das Lied im Troubadour in L.A. sang und sie auf die Idee brachte, darauf mit „Killing Me Soft“ zu „antworten“. Sein Song über Vincent Van Gogh wurde dann doch noch ein Millionenseiler, das Debüt wiederveröffentlicht und „American Pie“ zum immergrünen Bestandteil der Populärmusik.

Das Maß der Dinge, was das Werk dieses tunesmith angeht, ist natürlich immer noch die vor gut zehn Jahren erschienene „Favorites & Rarities „-Doppel-CD. Aber wer das Hit-Album in bestmöglicher Klangqualität hören möchte, ist mit dieser Remaster-Ausgabe (zwei Bonus-Tracks, nette Liner Notes, Kommentare von McLean zu jedem Song, sämtliche Texte, alles im Digipack) gut bedient. Nicht mehr diese klanglich arg verfärbte Stimme bei „Vincent“ der ganze Mix ist perfekt neu ausbalanciert, auch wurden in einem Aufwasch die Instrumental-Parts erstaunlicherweise so optimal überspielt, als handelte es sich um eine brandneue (analoge!) Aufnahme.

Viel besser geht es nun allerdings nicht mehr.

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