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It’s All Over Now Konrad Heidkamp (ALEXANDER FEST VERLAG, 50 MARK) Für den Buben Konrad begann die Kultur, die Sehnsucht nach dem Anderen mit John Fords Western „The Searchers“: „Wir gehen nach Hause, Debbie“, sagt John Wayne in diesem Film von 1956, der das Urbild ist für die Suche nach Heimat und das Unbehaustsein des Menschen. Konrad Heidkamp führen die frühesten Erinnerungen ans Kino in München zu den Filmmusiken dieser Zeit und den Klängen, die aus Amerika herüberwehten, Bebop erst, dann Rock’n‘ Roll. Heidkamp liebt, selten genug, beide Genres, und so ist „It’s All Over Now“ eine Hommage an die prägenden Figuren des Jazz und der Rockmusik In den Essays über Mües Davis, John Coltrane, Elvis Presley, die Beatles, die Rolling Stones, Chet Baker, Bob Dylan, Patti Smith, David Bowie, Velvet Underground und Neil bung soll die Zeit aufscheinen, also auch die deutsche Zeit Heidkamp, geboren 1947, schreibt auch in der „Zeit 1 * und ist dort Hüter einer entschieden rückwärtsgewandten Rockmusik-Kritik. Wie die anderen namhaften Vertreter dieser Generation, Karl Bruckmaier und Wolfgang Doebeling, glaubt er (leider zu Recht), dass die goldenen Tage vorbei sind und das subversive Potenzial des Pop aufgebraucht. Immerhin denkt Heidkamp den Punk noch mit und betrachtet die Sex Pistols ebenso wie Bruce Springsteen. Heidkamp ist ein sentimentalischer Erzählen der die Mythen und Legenden liebt, aber nicht ander Oberfläche der Dinge bleibt und dem Klischee meistens entkommt. Zu den schönsten Erinnerungen zählt das Mädchen vom Block gegenüber, das unter seinem Fenster vorbei läuft, während er auf seinem kleinen Plattenspieler „Teil Me“ von den Stones lärmen lässt. „Genau betrachtet, war das Lied das Beste am Ganzen, die Realität hätte nur enttäuscht.“ Essayistik als Herzwaschen.
So ist es immer mit dem Rock’n’Roll, und so ist es immer mit der Realität der alten Bundesrepublik, die Heidkamp dem Refugium entgegenhält, Deutschland ist ein elendes Land – und wie befreiend wirkt der üble Spott der Sex Pistols von „Holidays In The Sun“! „Wahrscheinlich hoffte man wieder einmal, alles würde für immer verschwinden.“ Das ist das geheime Thema dieser Texte und ihr emotionales Zentrum. Steht auch schon im Motto: „Strike another match, go Start anew/ And it’s all over now, baby blue.“ Manchmal und immer noch kann es sehr schön sein, über Rockmusik zu schreiben, über die Welt und sich selbst Es ist das Einzige, was jenseits der verblödeten Rock-Periodika bleibt. 4,5
Hippie-Lexikon Michael G. Symolka (LEXIKON IMPRINT. 30 MARK) Gothic-Lexikon Volkmar Kuhnle (LEXIKON IMPRINT, 30 MARK) Eine sehr nützliche Reihe, die uns schon Frank Schäfers lustiges Gitarristen-Kompendium schenkte. Bei den Subkulturen gilt es manches zu erklären, zum Beispiel den Begriff „Far fucking out“, aber auch so Offenkundiges wie „Freaks“. Amüsanter noch als die Hippies sind die Grufties, eine Loge, in der man nicht begraben sein möchte, die aber enormen Unterhaltungswert hat Dankenswerterweise erfahrt man im „Gothic-Lexikon“ mal etwas über das „Kreuz“ an und für sich, aber „Gothic Sex“ ist leider nur eine spanische Band. Für Eltern, Nachgeborene, Juristen, Sozialarbeiter und Vampire. 3,0
John Dufiy (Herausgeber) (PALMYRA VERLAG, 30 MARK)
Es sind kurze Worte, die hier unter Rubriken wie „Aufbruch“ und „Fans“ zusammengefasst sind, Sentenzen ohne Zusammenhang und von schlichtem Inhalt Man kennt Springsteens Selbstauskünfte, und das Standardwerk von Dave Marsh ist vollkommen ausreichend als Heiligenlegende. Interessanter als Brucies Worte sind die Einschätzungen anderer. Morrissey, weit entfernt vom Populismus des Amerikaners, befindet wie stets gnadenlos: „Springsteen spricht die amerikanischen Spießer an. Und die Reaktion ist natürlich gewaltig.“ Eine Seite der Tapferkeitsmedaille. Melissa Etheridge hat auch etwas zu sagen: „Wenn irgendjemand dich zum Träumen bringen kann, dann ist es Bruce Springsteen.“ Born in Kansas. Und Reverend Andrew Greely, ein amerikanischer Prediger, befindet 1988: „Das Erscheinen von, Tunnel OfLove‘ ist in diesem Land ein bedeutenderes Ereignis als der Besuch von Papst Johannes Paul II.“
Springsteen hat manchen erweckt, zum Beispiel Wolle Niedecken, der im „Vorwort“ noch einmal dröge erzählt, bei welcher Gelegenheit er mit Bruce singen und sprechen durfte. Naiv freut er sich über eine gekrakelte Widmung auf der „Born 7oÄ«n „-Platte: „To Wolfgang, keep the faith!“ Wolle: „Same to you, Bruce.“ Such much. 1,5