DVD :: VON BIRGIT FUSS & ARNE WILLANDER

Abba – The Winner Takes It AII (POLYDOR)

Eine Familiensaga aus den unschuldigen lagen des Superstartums. Die Dokumentation ist so treuherzig und irgendwie schwedisch, als führte immer noch der Hollywood-Emigrant Lasse Hallström Regie, der einmal auch bei Dreharbeiten am Set besucht wird und wenig mitzuteilen hat, obwohl die Abba-Videos und der Abba-Film seine Karriere begründeten. Die konventionelle Chronologie schweift öfter zu dem in London inszenierten Musical-Schmarren „Mamma Mia!“, an dem Björn Ulvaeus beratend mitwirkte. Die schale Imitation des Quartetts wirkt jedoch genauso peinlich wie die Gruppe Björn Again, die seit Jahren mit den Evergreens tingelt. Jedes Abba-Mitglied spricht hier für sich allein: Björn im Taxi, Benny am Keyboard, Frida irgendwo, wo Licht ist, und Agneta aus dem Off, offenkundig einen englischen Text verlesend. „Abba – The Anthology“! Wunderbar die frühen Aufnahmen von schwedischen Hootenanny- und Beat-Bands, in denen Benny und Björn spielten, oder folkloristische Schlager von Agneta. Immer wieder der Kameraflug über die Insel vor Stockholm, die als Sommerfrische und Arbeitsquartier genutzt wurde. Grand Prix, Charts, Australien, Scheidung, Niedergang – alles wird abgeklappert Produzent, Arrangeur und Musikologe liefern Erhellendes, Bewunderer (Bono) bloß Banales. Als Extra wiederum Schnipsel von „Mamma Mia!“ Am rührendsten aber ist ein Fan-Konvent in Bristol, zu dem auch Verehrer aus Usbekistan reisen. Zwischen grotesken Fummeln, Autogrammkarten und alten Scheiben liegt der Mythos, und der Rest sind Leggings. 3,0

Portishead – Roseland New York (POLYDOR)

Das Publikum saß auf dem Parkett um die Musiker herum, so als würde ein Funk-Kolleg mit irgendwelchen Symphonikern aufgenommen. Doch Portishead inszenierten ihre Songs 1997 mit Streichern, Gitarristen und DJ. Am Mikrofon stand Beth Gibbons, in sich versunken zwar, aber nicht betrunken wie bei manchen Konzerten in Deutschland, bei denen sie derangiert über die Bühne stöckelte. Zum Vortrag kamen Lieder der beiden Alben „Dummy“ und „Portishead“, den bis heute einzigen Platten des Duos (neben, eben, „Roseland NYC“). Artifiziell verwischte Momentaufnahmen von Amerika unterbrechen das Konzert und werfen einen sehr distanzierten, sehr britischen Blick auf die Äußerlichkeiten des Landes. Kommentiert wird nichts, dazu ist hier alles zu sehr Kunsthochschule, zu preziös und gediegen. Natürlich ist Gibbons‘ Vortrag auch Pose und nicht nur Affekt, aber der Schmerz in „Roads“, „Sour Times“ und „All Mine“ ist stechend wie am ersten Tag, das Ambiente kann die blanken Emotionen nicht bändigen. Es gibt Momente der Entgrenzung in der Portishead-Musik, die Maschinen zum Weinen bringen könnten. Leider war es die Reklame-Industrie, die Portishead für ihre Filmchen vereinnahmte und aufkaufte. Vor lauter Geld dringt kein Ton mehr durch. Wenn Gibbons und Geoff Barrow das durchhielten, wäre es jedenfalls ein lautes Schweigen. Andererseits: Was so brennt, das verglüht bald. Irgendwo im Werbefernsehen wird immer ein Portishead-Song gespielt 4,0

Wolfsheim Compendium (STRANGE WAYS/INDIGO)

Gruselig sieht es aus. Nicht die bombastische Bühne, die Wolfsheim 1999 im „Alten Schlachthof“ zu Dresden aufbauten. Nein, der T-Shirt-Stand ist viel unheimlicher. Gruftis und solche, die es gern wären, drängen sich da, immer bemüht, unsagbar cool auszusehen. Später stehen sie dann in der Halle, hingerissen von dem Monstersound, den ihnen Peter Heppner und Markus Reinhardt bieten. Durch 24 Lieder schuften sich die beiden, und dann gibt es noch sieben Videoclips obendrauf, Fotos und ein Interview, in dem auf sympathische Weise vor allem Quatsch erzählt wird – über das 80er-Jahre-Revival („furchtbar“, „entsetzlich“ und so weiter), Freunde und Fans („megafriedlich, voll lieb“), Anfänge und Erfolge – und erstaunlich viel gelacht Sind gar nicht so finster, diese Wilhelmsburger. 2,5

Chillin Visions #01 – Cool Chill Movies For Relaxing (Warner Vision)

Wer keine Zeit fur Yoga hat, muss eben eine Chill-Out-DVD einschieben und hoffen, dass sie Entspannung bringt. Hier funktioniert das tatsächlich: Man wandelt durch virtuelle Räume, sieht Ballett, Action Paintings, Skulpturen oder lässt sich auf Videoclips ein, die ebenso vor sich hin fließen. Dazu ertönen Planet Groove, Jackie B. oder Canda. Ein bisschen schläfrig wird man bisweilen bei so viel Ambient-Geblubber und hypnotischer Gelassenheit schon, aber das ist ja auch der Sinn der Sache. 2,5

Ambra – Honour & Glory – Honour & Glory (M a w a )

Ambra ist das Projekt der Münchner Produzenten Giorgio und Martin Koppehele. Inspiriert von einer mongolischen Combo, machten sich die beiden daran, deren pfeifartigen Gesang mit verschiedenen Sounds und Landschaftsbildern von Gogol Lobmayr zu kombinieren – und integrierten dann auch noch andere Ethno-Klänge und Beats, bis sie eine magische Stunde Material gesammelt hatten. Anstrengend ist das ohne Frage, zumindest für Menschen, die eher Popmusikohren haben – Wolken, Berge und Wüsten, Wasserfälle im Rückwärtsgang und Wälder im Schnelldurchlauf sind allerdings so faszinierend, dass man die symphonischen Werke im Hintergrund manchmal kaum noch wahrnimmt Vielleicht ein Grund, weshalb es die Sounds noch mal als Extra-Audio-CD gibt 3,0

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