DVD von Oliver Hüttmann
The Blair Witch Project von Eduardo Sánchez, Daniel Myrick (Kinowelt)
Dieser suggestive, subtile Schocker ist gewiss der einzige Film, der sich nie kopieren lässt, weder in der Machart noch im Erfolg. Die Film-Studenten Eduardo Sánchez und Daniel Myrick haben drei Schauspielschüler ohne viele bindende Vorgaben in den Wald geschickt, mit seltsamen Hinweisen und plötzlichen Eingriffen irritiert, während diese ihre steigende Orientierungslosigkeit und Verstörung selbst auf Video filmten. Die Abwesendheit jeglicher Kunstgriffe ist hier die Kunst, die Authentizität folgert sich aus der unbewussten Angst, an den dunklen Legenden von Hexen und Geistern könnte doch was dran sein. Nach diesem Prinzip hat das Duo auch die Kommunikationslabyrinthe und Mythenbildungen des Internets genutzt, um ihre Geschichte vom mysteriösen Verschwinden der Jugendlichen zugkräftig als Tatsache zu promoten. Schon deshalb lohnen der Audiokommentar und die zwei Dokumentation. 4,0
Menace II Society von Allen und Albert Hughes (Kinoweit)
Gegen das Regiedebüt der Hughes-Brüder(„From Hell“) wirkt sogar John Singletons „Boyz N The Hood“ wie ein Hollywoodfilm. „Menace II Society“ ist ein eindringlicher Bericht vom sozialen, selbstzerstörerischen Krieg in den Schwärzen-Ghettos von L.A. Der junge Caine hat als begabter Schüler die Aussicht auf ein Stipendium fürs College. Diese Perspektive bietet sich kaum einem der Jugendlichen von South Central und ist daher mehr ein Plädoyer dafür, diesen Zustand zu ändern. Denn auch Caine erliegt immer wieder den Verlockungen des coolen Ganglebens und ist schon wegen seiner Kumpels im Kreislauf aus Rivalität, Drogen, Kriminalität, Frustration, Hass, Gewalt und Rache verstrickt. Selbst das Ende verweigert sich konsequent nicht dieser Realität. 4,0
Natural Born Killers von Oliver Stone (Warner)
Nicht die Gewalt im Film, der Film selbst ist eine Gewalttat. Die scharfen Schnitte massakrieren den Sehnerv, die Bilder der taumelnden Kamera verursachen einen Blutsturz, vor den extrem zwischen Zeitlupe, Zoom oder Steadycamfahrten wechselnden Einstellungen duckt man sich wie bei Salven aus einem Maschinengewehr. Obwohl Stones Höllenritt ganz und gar artifiziell ist, surreal, kitschig, er zwischen Motiven aus Soap, Western, Splatter- und Actionfilmen pendelt, spürt man eine schmerzhafte Wirklichkeit. „Natural Born Killers“ ist immer als gewaltverherrlichend missverstanden worden. Tatsächlich wird hier Gewalt, die dem Menschen ja ohnehin eigen ist, auch nicht angeprangert, sondern als brutalstmögliche Satire die zynische Sensationslust der Medien. Von Ouentin Tarantinos Drehbuch ist dabei nicht viel übrig geblieben, als Kinowerk aber ist Stone die virtuoseste und konsequenteste Kontroverse seit Stanley Kubricks „Uhrwerk Orange“ gelungen. Extras dieser FSK-18-Fassung: Audiokommentar, entfallene Szenen und ein alternatives Ende. 4,0
Sonatine von Takeshi Kilano (One World Media)
Von der Melancholie und der letzten Heiterkeit vor dem Tode erzählte der Japaner Kitano 1993 anhand einiger junger Niller, die eine rivalisierende Yakuza-Familie umlegen sollen. Bis zum Einsatz vertreiben sie sich die Zeit in einem Haus an einem paradiesischen Strand mit Spielen, Streichen und viel Schweigen. Die meditative Poesie wird gebrochen von stoischen Gewaltexzessen, die Kitano als Anführer der Gang mit fatalistischem Lachen ausübt und hinnimmt. Die Schönheit dieses Film ist unsterblich. 4,5
Die amerikanische Nacht von Francois Truffaut (Warner)
Die schönste und zärtlichste Liebeserklärung ans Kino ist zugleich eine an die Sensibilität, kritische Momente des Leberns zu meistern. Truffaut selbst spielt den Kegisseur eines Films, der in Nizza gedreht wird. Sein weiblicher US-Star (Jacqueline Bisset) leidet unter Liebeskummer und vergisst ständig den Text, eine Katze will vor der Kamera keine Milch trinken, der Hauptdarsteller stirbt bei einem Unfall, bis ihn schließlich Zweifel an den eigenen Fähigkeiten befallen. Ein selbstref lektives Meisterwerk von unaufgeregter Tragikomik. 5,0