Emily Jane White :: Ode To Sentience

Selten bloß gefühlig: die Songwriterin mit der zarten Alt-Stimme

Leben als ein bisschen Sterben. Da wird’s im Unterholz von Fort Bragg, Kalifornien besonders neblig. Emily Jane White, nach einem Santa-Cruz-Intermezzo längst in San Francisco gelandet, kann auch auf ihrem dritten Album nicht anders, als dem Ruf des Goldes zu folgen, das doch nur in tiefster Dunkelheit zu finden sei, wie sie uns mit „Oh Katherine“ versichert.

Die Vorzeichen freilich sind diesmal andere. Nach dem auch politisch motivierten Blick auf ein „Victorian America“ kehrt die Frau mit der zarten, aber nicht verhuschten Alt-Stimme diesmal ein paar Beziehungsscherben vor der eigenen Haustür zusammen. Und klingt dabei auch in einer „Ode To Sentience“ nur selten bloß gefühlig. Nach dem kargen Debüt-Kaltstart „Dark Undercoat“ und den Arrangement-Ambitionen des Vorgängers -die am deutlichsten noch im ausladenden „I Lay To Rest (California)“ weiterschwingen – rückt sie hier als probates Stilmittel ein dramatisch frisiertes Fingerpicking ins Zentrum der zehn Songs. „Black Silk“, „Clipped Wings“, „The Preacher“ und „Requiem Waltz“ exerzieren dieses Crescendo aus Cello/Streichern, Piano-Staccato und ständig anschwellenden Crash-Becken mustergültig durch.

Zwischendurch verläuft sich auch mal moderater Country-Rock. „If you chose to jump off a cliff, we can talk as you fall“, bietet White an und zitiert en passant Townes‘ „Waitin‘ Around To Die“, um den Ausflug auf die Klippe mit einem schön ambivalenten „Well I hope you make it home“ zu schließen. Als Kehraus dann noch mal ziemlich klassischer Country. „Take your broken words“, empfiehlt White zur Pedal-Steel, „and place them on your heart, so when it breaks they’re all fallin‘.“ Das Leben geht auch ohne Worte und nach ein bisschen Sterben weiter. (Talitres/Rough Trade) Jörg Feyer

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates