Eric Clapton

Eric Clapton

Polydor (Universal) Nicht Claptons Solo-Debut, aber eigentlich doch

Wenn eine Plattenfirma 35 Jahre nach der Veröffentlichung einer Platte eines für sie recht namhaften Interpreten jedem, der Ohren hat zu hören, offenbart, dass der dort präsentierte Mix immer ein ganz großer Murks war, ist das ziemlich beispiellos. Als dieselbe Plattenfirma 2003 erstmals „Tommy“ remastered von den Original-Bändern und nicht dem „sweetened“ Master (O-Ton Pete Townshend) als Luxus-Edition publik machte, war das zwar auch ein sehr makabres Eingeständnis. Die neue von Clapton ist aber noch eine gänzlich andere Baustelle.

Zunächst soviel: Entgegen landläufiger Meinung war „Eric Clapton“ 1970 nicht das Solo-Debüt eines prominenten Gitarristen, sondern die logische Fortsetzung der phänomenalen Rock’n’Soul’n’Gospel-Revue des Ehepaares Bramlett, das für seine Platten Ende der 60er Jahre eine erlesene Big Band von Cracks um sich geschart und mit derselben das großartige, von Jimmy Miller coproduzierte Tondokument „On Tour“ auf Band konserviert hatte. Einmal richtig glücklich in deren Gesellschaft auf Tournee, heuerte Eric Clapton für seine nächste Platte gleich die komplette Mannschaft und dann auch noch die Crickets Sonny Curtis und Jerry Allison sowie John Simon und Stephen Stills dazu an. (Teile derselben Besetzung übernahm dann Clapton für das Derek & The Dominos-Projekt, Leon Russell für die „Mad Dogs & Englishmen“-Tournee von Joe Cocker, und wenig später wurden Jim Price und Bobby Keys so was wie inoffizielle Rolling Stones-Mitglieder. Soviel zu den Folgen.) Das Procedere diktierte Bonnie Bramlett auch als Co-Autor vieler Songs. Die mitsamt missratenem Arrangement ziemlich hektisch abgewickelte Aufnahme von J. J. Cales „After Midnight“ war einer der Tiefpunkte der ganzen Platte. So was sollte Clapton bei einer von dessen Vorlagen nicht nochmal passieren. Das eigene „Easy Now“

– schon sehr harrisonesk klingend! – war einer von Claptons frühen Versuchen in Sachen Popsong, „Blues Power“ wiederum in der Hauptsache ganz klar von Leon Russell (Co-Autor) inspiriert. Neben dem war die beste Produktion von allen „Let It Rain“, bei dem sich der Gitarrist ganz ausnahmsweise zu einem längeren und gar nicht so üblen Solo aufraffte. Einer der ganz wenigen Songs dieser Platte, die Clapton später auf Dauer ins Konzertrepertoire übernehmen sollte. Hier hatte ihn Bramlett mal machen lassen, und mehr davon hätte ganz sicher zum größeren Ruhm des „Solo“-Erstlings beigetragen.

Das reichte alles zwar in der Summe für Hitparaden-Notierungen (Top 20 in England und USA), aber es war erst die Präsenz des Kollegen Duane Allman, die ihn beim nächsten Projekt zu absoluten Höchstleistungen stimulieren sollte. Wieso man auf dem gerade mal 37 Minuten kurzen Album nicht auch „She Rides“ unterbringen wollte, ist rätselhaft. Das war, hier eine Zugabe auf der ersten CD, so was wie eine nette Vorstudie zu „Let It Rain“ m it Clapton bestens in Spiellaune – und dem kompletten Intro absolut notengetreu dasselbe! Dagegen hätte sich der zehnminütige „Blues In „A“-Marathon, ein anderer Bonus-Track jetzt, auf dem entschieden song-onentierten Album wohl wie ein Fremdkörper ausgenommen. So schön locker und entspannt hätte, denkt man, Bramlett ein paar mehr Songs in die Gänge bringen können.

Tiefere Einsichten in den Schaffensprozess vermitteln die sogenannten Delaney-Bramlett-Mixes auf der zweiten CD nicht. Die klingen, zehn an der Zahl, aber überwiegend so ungleich bis Lichtjahre besser, auch wo die Unterschiede in den Arrangements eher marginal sind. Beim Vergleich etwa von „Blues Power“ in bislang bekanntem Mix fällt noch einmal um so stärker auf, wie meilenweit das klangtechnisch doch hinter dem Standard zurück war, den Mike Vernon mal bei Claptons Aufnahmen mit Mayalls Bluesbreakers gesetzt hatte. Jetzt darf man sich fragen, wer da bei der endgültigen Abmischung soviel verhunzt hatte. Das mit reichlich Bläsern garnierte „After Midnight“ hat ganz andere Klasse, „Let It Rain“ klingt vergleichsweise so absolut schrottig, dass man die Platte mit dem Bramlett-Mix auch hier ganz neu entdeckt! Zwischen den beiden „Fassungen“ liegen nicht nur klangliche Welten, der Ur-Mix ist dem von „461 Ocenn Boulevard“ sogar locker mindestens ebenbürtig! Das gilt für alle ursprünglichen Mixes.

Das Zuckerl für Clapton-Fans sind die beiden in den Olympic Studios autgenommenen Versionen von „Don’t Know Why“ und „I’ve Told You For The Last Time“, radikal neu arrangiert und so inbrünstig musiziert, dass die bekannten Fassungen dagegen wie zaghafte, leicht lustlos gebotene Demos klingen. Das von „On Tour“ bekannten „Comin Home“ ist noch so eine schöne Zugabe – die Studioversion von Delaney & Bonnie mit Clapton als Leadsinger. Und zum Schluss gibt es den Delaney Bramlett/Leon Russell-Standard „Groupie (Superstar)“ in der Single-Urfassung von 1969. Soviel Historie muss sein. Schließlich prägte das Lehr- und Wanderjahr mit der Big Band des Ehepaares Claptons Werdegang bis auf Weiteres mal ganz entscheidend.