Exzellente Blütenlese

Wer die in Deutschland gemeinhin unterschätzte Short Story für eine amüsante Fingerübung mit überraschender Pointe hält, liegt zwar meist so falsch nicht, dieser Sammelband zeigt allerdings, dass es um weit mehr gehen kann. Allein William T. Vollmanns erzählerischer Essay „Drei Betrachtungen zum Tod“. Vorbote seiner voluminösen Gewaltstudie „Rising Up And Rising Down“, geht derart konsequent unter die Haut, dass einem der Gedanke an die eigene Sterblichkeit unvermittelt in die Glieder fährt. Neben populären Autoren wie Jonathan Lethem, Rick Moody oder Zadie Smith sind in der Blütenlese der von Dave Eggers gegründeten Literaturzeitschrift „McSweeney’s Quarterly Concern“, die aufgrund ihrer stets originellen Aufmachung längst zum beliebten Sammlerobjekt geworden ist, auch hierzulande noch nahezu unbekannte Schriftsteller zu entdecken. Dazu gehören etwa Ann Cummins oder Jonathan Arnes, dem mit „Die Nista-Affäre“ ein unterhaltsames Vexierspiel der schriftstellerischen Ängste und Neurosen gelungen ist. Mit David Foster Wallace, der sich im vergangenen Jahr das Leben nahm, ist zudem einer der avanciertesten Schriftsteller der USA vertreten, der vor fesselnden narrativen Experimenten nie zurückschreckte. Lethem wiederum, Verfasser des wundervollen Bestsellers „Die Festung der Einsamkeit“, denkt in „K steht für Fälschung“, von einer Zeitungsmeldung ausgehend, Franz Kafka und Orson Welles zusammen, wie man es dreister, cleverer und vergnüglicher kaum machen kann. Das Spektrum dieser lesenswerten Anthologie ist weit: Trauriges und Erschreckendes, Ironie und Humor, mal formal herausfordernd, mal locker-flockig erzählt – jeder kann hier mindestens einen neuen Lieblingsautor für sich finden.

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