Feist

Pleasure

Leslie Feist kann auch anders: Ihr Pop klingt jetzt schroffer

Sie zupft die Gitarre zunächst verhalten, dann aber kalt scheppernd, ihre Stimme zermalmt das Wort „pleasure“, Leslie Feist singt: „That’s what we’re here for“, ein paar Leute klatschen, die Gitarren dröhnen träge. Der erste, titelgebende Song auf ihrem neuen Album schreit es heraus: Ich kann auch anders!

Feists Stimme hallt, quäkt, echot, bäumt sich auf, zart und verweht ist sie sonst schon genug. Aber im epischen „Century“ geht es ja um diese verdammten Gefühle, die sie bekämpft und die ihr doch immer wieder in die Quere kommen. Wie eine gegen den Wind pinkelnde PJ Harvey klingt sie da. Und dann, ganz am Ende, elftes Lied, ganz reizend mit ihren „Uh-hu-hus“, der schunkelnden Orgel und dem anschmiegsamen Frauenchor.

Das Keyboard taumelt

Nicht nur Feists Stimme, auch ihre Lieder dürfen heute mehr. „A Man Is Not His Song“ heißt eines programmatisch, der Bass tupft warm, der Rhythmus pointiert, das herrliche Kehlkopfhüpfen, das sie sich bei Liz Fraser abgeschaut haben mag, all das kulminiert schließlich in einem sekundenkurzen Heavy-­Metal-Outro. Es geschieht viel auf kleinstem Raum, der aber doch hell und licht ist. Ab und an erinnert die Stimme der Kanadierin auch an Chris­sie ­Hynde: „You know, I’d ­­leave any party for you“, und die Band darf kurz losstürmen, den Kneipenchor im Hintergrund oder, ein paar Tracks später, mit verwehtem Saxofon und taumelnden Keyboards.

Feist live
Feist live

Leslie Feist war nie eine der ganz großen Singer-Songwriterinnen, aber immer eine, die sehr geliebt wurde: von Fans, Frauen, von ihrer aus Peaches und Chilly Gonzales bestehenden Clique, die erst in Toronto, dann in Berlin lebte. Ihr letztes Album, „Metals“, liegt fast sechs Jahre zurück und hatte auch nicht mehr die Wirkung des lässigen Mainstreampops von „The Reminder“, der iPods verkaufte und von James ­Blake unsterblich gecovert wurde. Es scheint, als wollte Leslie Feist weit von da weg: schroffer, ruffer. Aber sie kriegt den Pop nicht raus. Ein Glück! „I’m Not Running Away“ heißt der vorletzte Song der Platte, und da ist sie ganz bei sich. (Polydor/Universal)

Helen Boast Redferns via Getty Images