Fest van Cleef :: Bielefeld, Ringlokschuppen

Bei der sechsten Ausgabe der Festival-Tournee traten unter anderem Element Of Crime, Thees Uhlmann und Casper auf.

Drei Tage, acht Bands und zwei Bühnen: Die Köln/Hamburger Musikfirma Grand Hotel van Cleef richtete im Dezember bereits die sechste Ausgabe des sogenannten Fest van Cleef aus, eine Art Festival-Tournee, an der eigene Künstler und Freunde des Hauses teilnehmen. 2011 waren unter anderem Thees Uhlmann, Casper und Element Of Crime dabei.

Der Bielefelder Ringlokschuppen, wo der erste von insgesamt drei Abenden stattfand, ist an normalen Wochenenden eher auf Großraumdisco abonniert. Nun stehen dort Maike Rosa Vogel, The Ghost Of Tom Joad und Moritz Krämer auf der Bühne. Grundsätzlich gilt: Die Singer/Songwriter spielen auf einer kleineren Bühne, alle anderen auf der großen. Etwas anstrengend war das damit einhergehende Hin- und Herpendeln zwischen den Hallen schon aber dank eines hervorragend durchorganisierten Zeitplans verpasste man fast nichts.

Nach Krämers Auftritt lassen wir uns von der Masse in die große Halle treiben und sehen dabei zu, wie Frank Turner es vor seinem demnächst geplanten Hardcore-Album noch mal etwas ruhiger angehen lässt. Ein paar old-fashioned love songs des UK-Neu-Folkers mit einer gehörigen Portion Lokalkolorit zeigten schön, wie Turner sich das so vorstellt mit dem Herzschmerz in true.

Im Anschluss bespielten dann Element Of Crime den großen Saal. Eine Band, die auf dem Papier an diesem Abend fast wie ein Fremdkörper wirkte. Doch bereits nach 20 Sekunden war man sich einig: Es hat einfach eine zeitlose und ganz besondere Klasse, wie die großen Stoiker auf der Bühne herumstehen und voller Inbrunst und Melancholie Songs wie „Immer unter Strom“, „Bitte bleib bei mir“ und „Am Ende denk ich immer nur an dich“ spielen. Ein Röhren und Gurgeln und Dröhnen für die Ewigkeit.

Und als Sven Regener mit geballten Fäusten den bekannten (und nicht mehr oft gehörten) Schlachtruf „Romantik!“ in den Hallenhimmel ruft, um kurz danach die Trompete aus dem Handgelenk in Richtung der gestutzten Lippen zu schwingen, ist das Publikum endgültig restlos beseelt. Den textsicheren Rap-Fans mit Casper-Shirt nach zu urteilen, hatten Element Of Crime selbst die HipHop-Fraktion auf ihrer Seite.

Nach so viel schöner Schwermut geht es in der kleinen Halle mit ClickClickDecker weiter. Spezialität der Musiker: doppeldeutige Nebensätze in schludriger Hamburgmanier sowie an diesem Abend ein Gruß in den Backstage-Bereich mittels einer charmanten Coverversion von Frank Turners „Outdoor Type“.

Wieder rüber in die große Halle, Thees Uhlmann ein bisschen beim Er-selbst-Sein zuschauen: grob, gewohnt kumpelhaft und, dieses Wort soll hier erlaubt sein, arschcool. Uhlmann spielt mit seiner fantastischen Band ausschließlich Solo-Material wie „Vom Delta bis zur Quelle“, um dann mit den Worten „Wer kommt hier vom Dorf?“ sein Provinzpamphlet „Lat: 53.7, Lon: 9.11667“ anzustimmen und schließlich mit „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluß hinauf“ den Auftritt abzuschließen. Mit den Worten „Bielefeld, it all comes to an end!“ macht er die Bühne frei. Nicht ohne einen Mann anzukündigen, der „Popdeutschland für immer verändern wird“.

Nur wenige Minuten später fressen sich die Scheinwerferaugen von Caspers Wolfsmaske zum Postrock-Klang des Openers „Der Druck steigt“ durch den Bühnennebel; nahtlos gefolgt vom Gerumpel von „Blut sehen“ man hat wohl selten ein Indie-Rock-Publikum zu einem so knochentrockenen HipHop-Beat die Hände heben sehen. Denn trotz Headlinerslot und Heimvorteil – Casper studierte einige Jahre in Bielefeld und arbeitete gemeinsam mit Schlagzeuger Timur Salincakli an der Ringlokschuppen-Bar muss sich Casper das überkritische Publikum erst erspielen. Aber spätestens, als der 28-jährige für den Titeltrack des seit einiger Zeit Gold-dekorierten Albums „XOXO“ Thees Uhlmann auf die Bühne holt und die beiden gemeinsam den zitatgeschwängerten Refrain darbieten, hat Casper die Leute im Griff.

Das Fest van Cleef in Bielefeld ein ruhiger Abend mit lauten Zwischentönen. Mit großen Künstlern, kleinen Gesten und einem überaus offenen Publikum. jan wehn

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