Focus un… Brazilian Pop
Ein Elend wird von einem anderen ersetzt: Lange war es nicht möglich, in Deutschland schönen Brasil-Pop zu bekommen, jetzt schüttet es einen zu. Acht CDs! Acht! Wer soll die kaufen, wer soll sie hören? Und es ist nicht einmal so wie im letzten Jahr, als von der Kuba-Welle nur noch Schutt in die Plattenläden gespült wurde. Nein, dies sind gute Compilations, jede für sich Zeit und Geld wert. Nur, dass niemand so viel Zeit und Geld hat Also werden einige Alben wohl einfach untergehen. Schade drum.
Insbesondere, weil die Zusammenstellungen auch Auskennern einiges zu bieten haben: So gibt es auf „Focus Ott… Bossa Nova“ unter anderem die erste Single der späteren Jazz-Rock-Sängerin Flora Purim (von 1964!), das legendäre Milton-Banana-Trio, das drei Tom-Jobim-Klassiker als Medley in 1:54 Minuten absolviert, sowie eine englische Version des Klassikers „O Barquinho tt , gesungen von Johnny Alf, dem brasilianischen Nat King Cole.
Ahnliche Höhepunkte finden sich auf allen CDs: Auf „Songpoets Of Brazil“ sind neben frühen Aufnahmen von Stars wie Caetano Veloso und Gilberte) Gil auch hier zu Lande wenig bekannte Meister der MPB (Musica Populär Brasileiro, Brasil-Pop) zu hören. Und „Brazilian Music Groores“lockt nicht nur mit dem Debüt des Jazz-Rockers Raul de Souza von 1964 und einer ausgeflippten Psycho-Jazz-Version des Klassikers „Asa Branca“ von Sivuca und Rosinha da Valenca, sondern auch mit einem fröhlichen Disco-Stomper von Lulu Santos, die den Tramps-Klassiker „Disco Inferno“ verarbeitet hat. Und zwar 1995.
Denn „Focus On…“ ist keine rein nostalgische Reihe – neben Klassikern gibt es auch moderne Musik zu hören: Auf allen Alben wird der Bogen bis in die Gegenwart geschlagen, und man hört: Brasilianische Musik ist nicht nur historisch interessant, sie ist lebendig. Besonders heftig unterstreichen das „Brazilian Pop“mit clubkompatiblen Grooves fast ausnahmslos aus den letzten vier Jahren und – ähnlich aktuell, aber noch tanzbarer „Beats OfBmöl“.
So bekommt man schließlich eine Idee von den Ausmaßen der Musikszene eines Landes, das mit über 8^ Millionen Quadratkilometern (Deutschland: etwa 350 000 Quadratkilometer) und über 172 Millionen Einwohnern schlicht gigantisch ist Insofern eigentlich erstaunlich, dass die Reihe auf acht CDs beschränkt ist Andererseits: An Preziosen brasilianischer Musik wird ja künftig kein Mangel sein.