Freakwater

Springtime

Zum zweitenmal läßt sich Randy Newman, selbst einer der letzten großen Songlyriker Amerikas, die Zeilen rezitieren: „There’s nothing so pure/As the kindness of an atheist/A simple act of unselfishness/ That never asks to be repaid.“ Newman schließt die Augen. „That’s beautiful“, strahlt er schließlich, „who wrote that?“ Freakwater. „Where from?“ Louisville, Kentucky. „Never heard of them.“

Da ist er nicht allein. Eine Musikwelt, die Künstlern schon bei den marginalsten Karriere-Entscheidungen Kompromisse abfordert, bietet musikalischen Überzeugungstätern keine Plattform, nicht, solange ihre Verkäuflichkeit nicht gewährleistet ist Industrienormen, Produkt-Management, Format-Radio-Kompatibilität, gottverdammte Video-Clips und Budget-Hürden vor jedem Gang ins Studio, vor jeder Tour, vor jedem nächsten Schritt Wer seine Seele nicht zu Markte tragen will und kein Talent zum Trendspotten und Arschkriechen mitbringt, hat schlechte Karten.

Erst recht, wenn man wie Freakwater so uralten Traditionen frönt wie Appalachian Folk, Bluegrass, Old Timey Music, sie aber nicht verfremden wilL nur bereichern, nicht auf Teufel komm raus modernisieren, sondern respektvoll modulieren, sie nicht ausliefern, sondern sich ihnen ausliefern. Puristen werden solche renitenten Geister geschimpft. Das kommt von „pur“, was bedeutet: rein, lauter, unverfälscht.

Vier Alben dieser Art haben Freakwater bereits veröffentlicht – eines schöner, tiefer, intensiver als das andere. „Springtime“ hätte bereits im letzten Jahr erscheinen sollen, wurde aber aufgehalten, weil Freakwater im Clinch lagen mit Steve Earle und dessen Label E-Squared. Earle hatten Interesse bekundet, das musikalische Sperrgut Freakwater zu spedieren, doch dann traten unüberbrückbare Differenzen auf. Es ging um Kontrolle und die Einschränkung derselben, sagt die Band. Es ging um schnöden Mammon, sagt die Plattenfirma. Biz-Bullshit halt, der zum Glück nicht abfärbte auf die Musik.

Die ist zugänglicher geworden, süßer und satter, ohne an Substanz zu verlieren. Ihr Reiz besteht zu einem nicht geringen Teil in der Dialektik zwischen diesen wunderschönen, beschwingten, an Hazel 8C Alice geschulten Harmonies vonjanet Beveridge Bean und Cadierine Ann Irwin, und Texten, die vor keiner menschlichen Tragödie haltmachen und in denen nicht selten tote Kinder eine tragende Rolle spielen. „,ty>rmgft>He“geht sparsamer um mit Tod und Verderben, doch ganz ohne geht es auch hier nicht ab. „Red as the blood from a body that was torn“, beginnt „Lorraine“, und dazu jammert Bob Egans Steel-Guitar; „White as die shirt of a man who lay dying“, und Max Konrad Johnston, früher bei Wilco und neuerdings Fulltime-Freakwater-Multi-Instrumentalist, zupft zart die Saiten. Berückend.

Freakwater bleiben neben den Whitstein Brothers der schönste, lebendige Anachronismus in der Musiklandschaft. Discover America! 4,0