Gerry Rafferty – Days Gone Down – The Anthologv 1970-82

Die Plattenfirmen lassen ausgerechnet Gerry Rafferty-Fans – genauergesagt solche, die es noch werden wollen, weil sie ihn vielleicht erstmals mit „Stuck In The Middle With You“ auf dem Soundtrack der DVD von Quentin Tarantinos „Reservoir Dogs“ entdeckten – nicht verkommen. Nach der kompletten Humblebums-Rctrospektive hat man bei Sanctuary auch den „Best Of“-Verschnitt „Can I Have My Money Back“ wieder in den Katalog aufgenommen, sprich das gleichnamige Solo-Debüt von 1971 mitsamt dem Dutzend Songs, die er für die New Humblebums schrieb. Remastered sind bei Cherry Red Records (auf dem Sub-Label Lemon Recordings) die ersten beiden Stealers Wheel-LPs mit sämtlichen Texten und prima Liner Notes erschienen.

Jetzt hat das australische Raven-Label die erste Label-übergreifende Werkschau vorgestellt, die – allerdings einen doch recht hastigen Geschwindschritt dabei einschlagend – der Überblick über seine allerbesten Aufnahmen sein will. Die Jahre mit und nach „Baker Street“ sind – soweit das die EMI-Aufnahmen betrifft – sehr reichlich vertreten. Aber die vielen „appetizer“ davor wollen ihn wohl auch und nicht zuletzt gegen jene Verächter verteidigen, die ihm später künstlerischen Ausverkauf/ Niedergang vorwarfen. Ob das mit solcher Rosinenpickerei gelingt, ist ein wenig zweifelhaft. Aber ehrenwert ist der Versuch dann doch.

Von bekanntem Folk-Rock der 60er Jahre – auch dem allerbesten damals – unterschieden sich Raffertys Songs für das New Humblebums-Duo genauso drastisch wie Paul McCartneys „Blackbird“ oder „Mother Nature’s Son“. Ihn deswegen einen kleinen McCartney-Epigonen zunennen, was einigen flotten Schreibern damals einfiel, war albern. Weil er das so innig vorzutragen verstanden, soffen auch Lieder wie „Her Father Didn’t Like Me Anyway“ nicht in Selbstmitleid oder Weltschmerz ab. Diese elegischen Folk-Delikatessen wie „Look Over The Hill And Far Away“ besaßen ganz eigene Klasse. Mit dem ersten Solo-Album setzte er sich – weder Folk-Puristen adressierend noch die Folk-Rock-Gemeinde erreichend-hoffnungslos zwischen alle Stühle. Für die These, dass er nie ein kompletteres Album mit durchweg so hochkarätigen Songs aufnahm, könnte man dennoch ein paar gute Gründe beibringen. Ähnlich schlackenlose Werke waren die mit Joe Egan geschriebenen von Stealers Wheel sicher nicht. Dies musikalische Wildern auf Dylan-Terrain warf aber ein paar immergrüne Hits ab.

Danach wollte ihn wer auch immer jahrelang nicht aus seinem Vertrag entlassen. Als er mit „Baker Street“ und „City To City“ dann das ziemlich spektakuläre Comeback feierte, mochte er trotzdem nicht in Amerika auf Tournee gehen. Das hätte die Karriere des Schotten mit dem ausgeprägten Sinn für Ohrwürmer wohl doch entschieden auf Dauer stabilisieren können. So endet die Raven-Retrospektive 1982. Keine Kostproben gibt es von dem durch eine zu Bruch gegangene Ehe inspirierten „On A Wing & A Prayer“, mit dem er – ohne sonderlich zählbaren Erfolg – an die künstlerische Form früherer Jahre anknüpfte. Diese CD ist auch so schon fast randvoll. Bedauerlich dann doch ein wenig, dass man von so wunderbaren Songs wie „Mary Skeffington“ nicht den akustischen Ur-Mix der LP von 1971 und von „Everything Will Turn Out Fine“ auch nur den späteren LP-Remix zur Überspielung verwendete. Raritäten wie den weit besseren Mono-Mix der Single gibt’s von Gerry Ratferty nach wie vor nicht auf CD.

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