Giant Giant Sand :: Tucson
Howe Gelbs Countryrock-Oper klingt sehr, sehr nah am Ohr
Zunächst fällt einem die Nähe auf, die Howe Gelb auf „Tucson“, dem überraschenderweise erst 27. Album seiner Band Giant Sand, zum Hörer sucht. Gelbs nie ganz sicher getuntes weiches Knödeln steht oft so weit vorne, dass er auch neben einem stehen könnte. „Wind Blown Waltz“ setzt als erstes Stück den Ton – ein, wie der Titel korrekt verspricht, swingend verwehter Walzer im Countryidiom, das er seit einiger Zeit dem laut heulenden Wüstenrock seiner frühen Jahre meist vorzieht.
„Tucson“ verspricht im Untertitel eine Countryrock-Oper (nicht die erste im Lauf von Gelbs Karriere), und entsprechend ausladend variiert er die Stimmungen seines Liederkreises. Über 70 Minuten und 19 Songs füllt er dramaturgisch geschickt mit sanften Folksongs, wehmütigem Outlaw-Rock und schunkelnd swingendem Country voll zärtlich winselndem Twang und Steelgitarren, und auch mal einer übermüdet angejazzten Loungeballade. Ab und zu streunt er dabei mit Mariachi-Anklängen oder einem Cumbia-Rhythmus durchs mexikanische Grenzland seiner ehemaligen Weggefährten von Calexico.
Wie schon seit einigen Alben grundiert seine dänische Kernband – er pendelt zwischen Tucson, Arizona und Aarhus, Dänemark, woher seine Frau stammt – die Songs. Aber für den Effekt hat er sich diesmal zum Doppel-Giant vergrößert und eine ganze Reihe Gäste geladen, und vor allem die weiblichen Stimmen fügen einige schöne Farben in die Stücke. Ganz am Ende schrappt dann noch ein rau produzierter, knapper Solo-Blues daher, so nah am Ohr, dass man die Bartstoppeln spüren kann. (Fire/Cargo) Markus Schneider
Beste Songs: „Lost Love“, „Out Of The Blue“