Global Village :: von Klein-Josch-Müllrich

Heute wird’s mal wieder Zeit zum Spaziergang durch das globale Dorf Ausderweißblauen Hütte da gleich um die Ecke schallen alpine Klänge herübet; Der Berg ruft! Wir nähern uns vorsichtig, denn in München findet unter diesem unverfänglichen Namen „Oktoberfest“ zur Zeit das weltweit größte Alkoholiker-Jamboree statt. Vorsicht ist geboten, will man nicht versehendich einen gefüllten Drogenbehälter über den Schädel bekommen. Andererseits – wenigstens nehmen die Leute kein Rauschgift, oder? Entwarnung: Die Musik stammt von den HUNDSBUAM. Selbige kommen zwar auch aus Bayern, haben aber Gottseibeiuns absolut nichts mit den sonst gewohnten alpinen Intoxikations-Weisen zu schaffen. Dir aktuelles Album trägt den Titel JHui“ (Lawine/BMG). Unter dem Motto „Think global, act local!“ haben sie das Weltohr auf die Klänge der skigelifteten Berge und Täler ihrer Heimat gerichtet Resultat; chartstauglicher Bajuwar’n’RolL Diese Hundsbuam lassen die Alpen erglühen und beweisen: Auch nach jahrzehntelanger Ruhr-Diarrhöe gibt es noch ein paar musikalische Widerstandsnester. 3,0

Wir bleiben in den Alpen und hören mit den wesendich kompromißloseren ATTWENGER die wohl schrägsten Töne, seit Hannibal mit trompetenden Elefanten zur Alpenüberquerung ansetzte. Diese Musik entzieht sich jeglicher Kategorie und verursacht in traditionell alpinen Zirkeln mit Sicherheit erhöhte Herzinfarkt-Raten. Um so mehr muß man sie lieben, ohne die geringste Tümelei lebt in Attwenger etwas von dieser ursprünglichen Aufinüpfigkeit bajuwarischer Volksmusik weiter. Mit Leichtigkeit ziehen sie alle Register gängiger Rap- und Hip-Hop Klischees, ohne darin zu versinken. Puristen seien getröstet: Auch wenn es klingt, als sei der Sampler im Dauereinsatz – Attwenger spielen handmade. Wunderschön doppeldeutig auch der Titel des Albums: „Song“ (Trikont/Indigo), was auf bajuwarisch „sagen“ bedeutet. Wir ziehen den Tirolerhut 4,0

Für die Hundsbuam wie auch Attwenger gilt: Selbst wenn sich ein Teil der Texte dem Publikum unterhalb der Baumgrenze nur schwerlich erschließt, bleibt das musikalische Vergnügen ungeschmälert. Hand aufs Herz: Wer versteht schon pakistanische Quawali-Gesänge oder jamakanisches Dub-Genuschel?

Wo das Schneehuhn balzt: Ebenfalls von jenseits der Baumgrenze kommt der saniische Sänger W1MME, nur liegt selbige in seinem Fall zu ebener Erde, direkt hinter dem Polarkreis, im finnischen Lappland. Aufmerksamen Gästen unserer bescheidenen Kolumne werden seine Elch-, Bär-, Rentier- Helikopter- und Wolfsgesänge schon auf der letzten CD der schwedischen Wiking-Brutalos Hedningarna ins Ohr gefallen sein. Mit „Gienan“ (Exil/Indigo) holt der Meister desJoik-Gesanges nun zum finalen Rundumschlag aus. „Gkmm“ ist nicht einfach nur die Fortsetzung des letzten Erfblgs-Albums “ fVimme „, sondern präsentiert den Meister des Joik-Gesanges in völlig neuem Ambiente: Rhythmischer, avantgardistischer, experimenteller und kosmopolitischen 4,0 Hier fällt uns die Wasserpfeife aus dem Mund: Mit Michael Wehmeyer (Ex Mitglied der edino-avangardistischen Underground-Ikone Embryo und Mitbegründer der Dissidenten), und dem Quanoon-Virtuosen Hosam Shakar mit ihrem germanischägyptischen Orchester RAHALA begeben wir uns auf direktem Weg in den arabischen Underground. Ihr Debüt-Album Jinshaatiah“ (Number One Recotds/Fenn) entfuhrt uns in die dunklen Keller Kairos, dankenswerterweise ohne das oft strapazierte süßliche Geplänkel vieler arabischwestlicher Projekte. Orient-Gossover der gelungenen Sorte.3,5

Daß Stimme und akustische Gitarre ausreichen, um Zuhörer zu fesseln, beweist einmal mehr der brasilianische Sänger und Komponist JABUTI. Sein Album „Outm Ar“ (Traumton/lndigo) besticht durch Einfachheit und wunderschöne Melodien. Die richtige Musik für Morgenmuffel. 3,0

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