Grace Jones Nightclubbing :: „Feeling like a woman, looking like a man, sounding like a no-no, mating when I can“: In dem Satz, den Grace Jones in „Walking In The Rain“(eigentlich ein Song der Australier Flash &The Pan) fallen lässt, liegt die ganze Souveränität dieser Künstlerin. Feminismus wurde 1981 noch von Alice Schwarzer definiert und zeigte sich meist im spröden Latzhosen-Look. Die jamaikanische Sängerin, die auch als Model arbeitete, wirkte dagegen wie ein aus einem UFO gefallener Alien. Auf dem ikonischen Cover von „Nightclubbing“ inszenierte Jean-Paul Goude sie als maskuline Nachtleben-Kriegerin in Aufreißpose: Ihr abschätzender Blick ist direkt auf den Betrachter gerichtet, die unangezündete Zigarette im Mundwinkel wirkt wie eine unverhohlene Anmache.
Nach „Warm Leatherette“ war „Nightclubbing“ das zweite Album, das Grace Jones in Chris Blackwells Compass Point Studios in Nassau, Bahamas, aufgenommen hatte. Der Sound, die Auswahl der Coverversionen, der Gesang: alles klingt noch strahlender, noch perfekter als beim Vorgänger. Sly Dunbar, Robbie Shakespeare, Mikey Chung, Wally Badarou und ein halbes Dutzend weitere Musiker sorgen für ein fein austariertes Amalgam aus Reggae, Funk und New Wave. Die 12inch-Versionen der Deluxe-Edition sind den Album-Versionen eindeutig überlegen. Egal ob „Pull Up To The Bumper“ oder „I’ve Seen That Face Before“ – erst in den Langfassungen entfalten die Tracks ihr Potenzial. Es rüttelt und schüttelt, pumpt und hupt derart aufregend und mitreißend, dass man nie das Gefühl hat, hier wird ein Stück unnötig auf ein clubtaugliches DJ-Format verlängert.
Den Titelsong „Nightclubbing“ gibt es hier nur in der Normal-Version, was aber völlig ausreicht. Während das Original die Kälte und Dunkelheit West-Berlins vermittelt und das Bedürfnis von Iggy Pop und David Bowie, sich in einem Club aufzuwärmen, klingt das Stück bei Grace Jones nur nach einer hochkarätigen Sängerin und einer fantastischen Band in einem Hightech-Studio auf den Bahamas. Ein kleiner Schwachpunkt nur auf einem ansonsten nahezu makellosen Album. (Universal) JÜRGEN ZIEMER