Grant Hart – Good News For Modern Man

Er wollte immer so gern Kapitän sein. Erst steuerte er mit Bootsmann Bob Mould das unvergessliche Lärm-Ensemble Hüsker Du an die Wand, konsumierte zum Frühstück Heroin, tagsüber Alkohol und abends Kokain, und wurde unten ganz breit während sein Kopf der eines Kindes blieb. Dann gründete er Nova Mob, spielte den Navigator, reiste durch Deutschland und knallte mit seinem Bus in ein Auto. Vorher hatte er an dem Gefährt noch einen Grabkranz vom Schrottplatz befestigt Zuletzt sah ich ihn in einem Hamburger Club, wo er mit Matrosenhemd und Kapitänsmütze ein Konzert gab. Anschließend kiffte er in einem Klüngel aus Bewunderern, die ihm auch nicht helfen können. Seine letzte Platte vor vier Jahren trug zwar seinen Namen, doch nichts Nennenswertes mehr war Grant Hart eingefallen.

Um so schöner die guten Nachrichten von dem Mann, der für „Pink Turns To Blue“ und „Sorry Somehow“ verantwortlich und bei Hüsker Du überhaupt für den Pop zuständig war, während sein dunkler Antipode Bob Mould das Verkrampfte repräsentierte. Mould bleibt lebenslang der Beleidigte, Hart lebenslang der Naive. Schon seine erste Solo-Platte, „Intolerance“, vereinte herrlich sinnlos Shanties und Orgel-Exzesse mit Beatles-Seligkeit. Zehn Jahre später wimmert Hart mit einer Stimme, die man wund nennen muss, durch Melodien, die nach Sehnsucht klingen, aber auch nach finalem Wahnsinn. Und leider nach Garage. Das Album wurde angeblich produziert, und zwar von Grant Hart, aber der auch bei Nova Mob übliche Schweine-Sound harmoniert wiederum mit der grauenhaften Cover-Gestaltung. Das Billigste ist gerade abstoßend genug. The last of the independents. Ich stelle mir vor, wie Franz Schöler in Königsbrunn die Platte zum Warentest an den Oszillografen anschließt Fraaaaaaanz!

Dabei hat Grant Hart wieder Songs geschrieben, die Steine erweichen und Herzen brechen lassen. Er mag noch so viel Unsinn dichten, „Nobody Rides For Free“ mit Gaga vollreimen, in „Run Run Run To The Centre Pompidou“ den kunstbeflissenen Amerikaner geben, in „A Letter From Anne Marie“ etwa fünfzigmal „I got a letter from Anne/ A letter from Anne Marie“ wiederholen, bei „In A Cold House“ zu entfesseltem Doors-Georgel die „cold, cold world“ beklagen, in „Little Nemo“ mit den Worten „Open your arms and sail“ mal wieder ins Nautische abtauchen, überhaupt Putziges mit Unfug vermählen: Dieser Mann ist ein Admiral. Wenn auch nur in der Badewanne.

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