Heartthrob :: Die kanadischen Indie-Darlings erobern in die Großraumdisko

Diese Platte von Tegan & Sara wird keiner mit einer früheren Platte von Tegan & Sara verwechseln, sagen die Künstlerinnen. Das stimmt wohl. Gemeinsam mit Superproduzent Mike Elizondo (Dr. Dre, Eminem, Nelly Furtado) schufen die Zwillingsschwestern ein Werk, das ganz anders ist als alle anderen dieser Karriere. Vom Indie-Wohnzimmer in die Großraumdisko: Gleich beim Opener treibt die Dance-Bassdrum, fette Synthies brutzeln links und rechts. Dann kommt der euphorisch-quirlige Refrain, dessen Art natürlich typisch ist für Tegan & Sara – aber nicht so ungeniert breitwandig, riesig popmusikmäßig.

Das Lied setzt den Ton für „Heartthrob“. Bei Bubblegum-80s-Liedern wie „Goodbye, Goodbye“ (die Wonne im Refrain!) und „I Was A Fool“ (so klassisch MOR!) spielen die Akustikgitarren kaum eine Rolle, dafür die Delaypianos, die watteweichen Backgroundgesänge und die Keyboardlawinen. Diese Lieder sollen im Stadion gut klingen und auf dem iPod im Schulbus, sagen die Künstlerinnen – das wird funktionieren.

Das Album gelingt, weil Tegan & Sara natürlich nicht aus ihrer Haut können und sich selbst noch in jedem Gewand treu bleiben. „Heartthrob“ ist ein Ausflug in den Süßigkeitenladen der Popmusik, ein Spiel mit den Möglichkeiten voller Verweise auf den Pop der 80er-Jahre, der hier das Ausdrucksmittel für Unbeschwertheit, Unschuld und jugendlichen Überschwang ist. Mit sehr physischen Arrangements und federleicht romantischen Liedern. Vor ein paar Jahren hat KT Tunstall mit „Tiger Suit“ ein nicht ganz so großes und nicht ganz so niedliches, aber im Vorhaben doch ähnliches Album aufgenommen, das manchen Fan verprellte, der sich die Sängerin lieber mit der Gitarre im Pub vorstellte. Tegan & Sara werden auch ein wenig Gegenwind bekommen, doch der Schritt ist so konsequent wie richtig: Ab jetzt können die Kanadierinnen machen, was sie wollen. (Warner) Jörn Schlüter

Leslie Clio

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