Herbert Grönemeyer :: Mensch

Tröstliches und emphatisches Album vom alten Freund

Nach der Ebbe kommt die Flut, und der Herbert, der ist gut. Wendet seine Bonhomie ins Universale, ins Kosmische sogar. Der Mensch. Mannomann. Eine Hommage an Anna und zugleich so allgemein und genial-hymnischgrönemeyerisch, dass dieses Lied die Gedächtnissendungen zur Elbflut ebenso begleitete wie die zum 11. September. Tröstlich, alles umarmend, unabweisbar wie „Flugzeuge im Bauch“. Dazu ein Plattencover zwischen Michelangelo und Scientology.

Grönemeyer zu sein heißt, eine Sache um ihrer selbst willen zu tun. Deshalb dürfen, anders als bei „Bleibt alles anders“, auch die alten Kumpels wieder mitrocken. Nick Ingman, bekannt durch seine Orchestrierungen für „Stand der Dinge“, besorgte die Streicher-Elegien. Doch seltsam – ausgerechnet „Der Weg“ ist ein missglücktes, weil zu konkretes und kitschiges Denkmal für die geliebte Frau. Lange war Grönemeyer nicht mehr so sehr Liedermacher der alten, pathetischen Schule wie hier. Der Holzweg.

Auch sonst haben wir es natürlich nicht mit einem neuen Grönemeyer zu tun. „Neuland“ und „Viertel vor“ sind rumpelnder Rock’n’Roll, den es auf jeder Grönemeyer-Platte gibt, „Dort und hier“ knistert bemüht altmodisch wie ein Stück von Blur, circa 1997, „Blick zurück“ wummert schicksalsdräuend. „Lache, wenn es nicht zum Weinen reicht“ bringt Bläser- und Salsa-Einsätze, wie man sie seit „Mambo“ und letzthin „Da Da Da“ kennt. Der Wortspielkünstler, der neuerdings einem „Textdramaturgen“ dankt, ist hier in seinem Element. Stupendster Song von „Mensch“. „Unbewohnt“ („Es tropft ins Herz“) und das grandiose „Kein Pokal“ („Mein Herz – ein Sieb“) verbreiten noch einmal wohlige Melancholie.

Herzstück dieses tapferen Albums und Kern der Grönemeyerphilosophie ist „Zum Meer“, das sich im Ingman-Arrangement zur Heimwehhymne, zur Jenseitshoffhung, zum Grönemeyertriumph schlechthin aufschwingt: „Dreh dich um, dreh dich um, dreh dein Kreuz in den Sturm/ Geh gelöst, versöhnt, bestärkt/ Selbstbefreit den Weg zum Meer.“ Klingt esoterisch. Aber gehen muss jeder allein.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates