Hole :: My Body, The Hand Grenade

Mein Körper, die Handgranate. Jayne Mansfield soll mit diesen Worten in ein anderes Auto gerast sein, Courtney Love setzte ihre Physis ähnlich verheerend ein. Die Politik des Körpers, welche die Hole-Sängerin genüßlich und grausam betrieb wie keine andere Frau im Entertainment-Betrieb der 90er Jahre, hatte bei ihr nie etwas mit appeasement zu tun. Dafür wurde sie gern als Hure beschimpft, und gern nahm sie diese Rolle an. In ihrem Vorleben, das ließ sie niemals unerwähnt, arbeitete sie als Stripperin; unlängst fand ihr Selbstbildnins als Schlampe in dem Film „Larry Flynt“ mit der Rolle einer Porno-Darstellerin die Vollendung.

Klar, jetzt ist es an der Zeit, das Kleidchen, mit der sich Courtney Love auf der Bühne als Baby-Hure inszeniert hat, einzumotten. Aber eigentlich ist das eine Sache von öffentlichem Belang – das Kleidchen muß ins Museum! Deshalb gehört es, wie das Cover zur Compilation ,My Body, The Hand Grenade“ ironisch zeigt, in eine Vitrine. Wie der goldene Anzug von Elvis, das Leichentuch von Jesus Christus und all die anderen Textilien, die mal von Popstars getragen worden sind.

,My Body, The Hand Grenade“ ist ein Rückbück und versammelt vergriffenes und unveröffentlichtes Material von einer Band, die es in sieben Jahren gerade mal auf zwei Alben gebracht hat Die Gründe für den geringen Output sind bekannt: Todesfälle und tragische Verstrickungen haben ihre Schatten auf die Geschichte von Hole geworten. Doch andererseits entsteht durch die chronologisch geordneten Raritäten das Bild von Rockmusikern, die selbstreflexiver ans Wferk gegangen sind, als das allgemein anerkannt wird. „Pretty On The Inside“ und „Live Through This“ waren die beiden Alben, das erste ein Achtungserfolg, das zweite dann ein anerkanntes Rock-Monstrum – der Mainstream allerdings wurde herbeigeschrieben.

Das Eröffhungsstück der Sammlung, „Turnpike“, ist die erste richtige Aufnahme von Hole überhaupt, die damals nur deshalb nicht veröffentlicht wurde, weil sie der Band zu mild klang. So gesehen ist das Album eine Fundgrube für Hole-Exegeten: Das anrührende „Beautiful Son“, ursprünglich als Single erschienen, wird ebenso zugänglich gemacht wie eine Cover-Version von Donovans „Season Of The Witch“, mitgeschnitten bei einer MTV Unplugged-Session aus dem Jahr 1995. Selbstironie galore.

,My Body, The Hand Grenade“ ist natürlich ein attraktiver Titel für Künstler, deren Thema das Kapital des Körpers ist, doch er suggeriert eine Selbstzerstörung, die bei Love in der letzten Konsequenz gar nicht stattgefunden hat. So wird das Album mit der Live-Aufhahme des Klassikers „Asking For It“ beendet, für die sich Hole 1995 auf dem Reading-Festival aufgeräumt und überhaupt nicht verzweifelt zeigten.

Im Gegensatz zu Jayne Mansfield hat Courtney Love sich und ihren Körper nicht in die Luft gejagt Und das haben ihr einige Menschen ja offenbar immer noch nicht verziehen. 3,5

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