Holly Williams – The Ones We Never Knew

Man kann dieses Debüt ja gar nicht ganz unbefangen hören. Wie könnte man, wenn der Opa tatsächlich Hank der Große war, der Papa Hank der eher nicht so große Junior ist und mit Hank III auch noch ein nicht ganz untalentierter Halbbruder in der Familie rumsteht. Doch in den Schwitzkasten der großen (Country-)Tradition läßt sich Holly Williams gar nicht erst nehmen. Weshalb man „The Ones We Never Knew“ dann auch zunehmend unbefangener hört, einfach als vielversprechende Arbeitsprobe eines Singer/Songwriter-Talents.

Die einzige textliche Referenz geht an den ganz Alten, dem sie – gleich zum Auftakt im lieblichen Wunschreigen „Sometimes“ – gern als Schutzengel erschienen wäre, damals Silvester ’52 im blauen Cadillac. Das hat bekanntlich nicht geklappt, weshalb sich der Opa nur am Himmelsempfänger an einer Enkelin erfreuen darf, die auch ganz gern dahin geht, wo’s ein bißchen weh tut. Nicht mit dieser konfrontativen Intensität natürlich, mit dieser schmerzlichen Klarheit, eher um Einsichten ringend und schon ziemlich abgeklärt und auch mal einen Tick jungklug (im allerdings recht gelungenen „All As It Should Be“). Aber wer mit acht Jahren (angeblich) schon Songs über gescheiterte Ehen schreibt… Heute, mit 30, imaginiert sich Holly Williams dann mit zartem Flehen in eine betrogene 70jährige, die sich „Nothing More“ herbeisehnt. Dazu jenseits des Standardinstrumentariums um Piano und Gitarren auch mal ein Flügelhorn und die Streicher so dezent wie ein gehauchter Kuß.

Die große, dramatische Geste („Would You Still Have Fallen“) steht Williams nicht so gut, da leiert ihre an sich feste Stimme ein wenig. Viel besser ist das späte Eingeständnis ihrer „Cheap Parades“, die um ein klitzekleines Piano-Motiv und ein träges Schlagzeug kreisen. Überhaupt – das ist ihre Spezialdisziplin: Mea-culpa-Songs für Verflossene. Eine Shelby Lynne ist sie (noch) nicht, aber in der Gewichtsklasse von Sheryl Crow wird Holly Williams bestimmt nicht für zu leicht befunden.

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