Howlin‘ Wolf – The London Sessions :: MCA/UMI

Der Mann war nicht nur eine Ehrfurcht gebietende Erscheinung, sondern manchmal auch eine Furcht einflößende. Ein „Rockin‘ Daddy“, der es gut mit den Frauen meinte, auch wenn er darüber sang, dass sein „Red Rooster“ manchmal gerade „too lazy to crow for day“ war – und kaum jemand missinterpretieren konnte, was er da meinte. Er war „Three Hundred Pounds Of Joy“ und natürlich „Built For Comfort“. Wenn er im gleichnamigen Song – von 1955 „Don’t Mess With My Baby“ warnte, durfte man ihm auch das getrost abnehmen.

„Commit A Crime“ wagte Chess 1966 allen Ernstes erst gar nicht in den USA zu veröffentlichen! Das war eine der erstmals auf seiner definitiven „Chess Box“ von 1991 auftauchenden Raritäten. Mordlüstern droht er der Dame in dem Song: „I won’t leave you woman before I commit a crime!“ und erklärt ihr: „You’re about die evil’est woman that I ever seen…“ Ein Südstaaten-Gentleman, der nur nette Dinge über das weibliche Geschlecht zu sagen gehabt hätte, war dieser Chester Burnett jedenfalls nicht. Was sein Ansehen in den Augen der britischen Blues-Adepten keineswegs schmälerte, im Gegenteil: Für sie selbstredend auch für die Rolling Stones – war der Mann aus West Point, Mississippi, ein Idol.

Ein „Fathers And Sons“-Projekt wie kurz zuvor das von Muddy Waters, verbandelte man den „Wolf‘ bei den London-Sessions mit einigen seiner größten Fans. Das war kein rushjob wie während der 60er Jahre einige schnell mal an einem Tag eingespielte John-Lee-Hooker-LP mit britischen Bands. Der alte Herr gab sich zwar zunächst schwer verstimmt darüber, dass sein langjähriger Gitarrist Hubert Sumlin zur Rolle des Rhythmusgitarristen verdammt wurde. Er hielt diese englischen Musiker, die ihn begleiten sollten, für junge Spunde, die in seinen Augen keinen blassen Schimmer vom Blues hatten.

Aber Eric Clapton, der sich schon in Yardbirds-Jahren mit seiner fulminanten Interpretation von „Smokestack Lightnin“ als höchst begabter Schüler profiliert hatte, war dann bei den Sessions doch so gut drauf, dass der das Ganze nicht als reinen Egotrip abtun konnte. Bill Wyman, Charlie Watts und Ian Stewart erledigten ihren Job alles andere als routinemäßig. Selbst Ringo Starr und Klaus Voorman fügten sich bei den Aufnahmen zu „I Ain’t Superstitious“ perfekt in die Band ein. Einer der denkwürdigsten Momente waren jene zwei Minuten Probe, in denen Clapton richtig demütig den großen Meister fragt, warum er bei „The Red Rooster“ nicht akustische Slide spielen will und ihm zeigen möchte, wo es langgeht. Der genierte sich da fast und wehrte ab, fühlte sich angeblich in der Rolle des Sängers und Harmonika-Mannes vollauf wohl.

Für die Deluxe Edition dieses letzten großen Spätwerks des Blues-Giganten wurden nicht nur die 13 ursprünglichen Aufnahmen exzellent remastered, sondern auch die Bonus-Tracks von „London Revisited“ ganz süperb neu abgemischt. Von „Commit A Crime“ findet man auf der zweiten CD sogar gleich mehrere Alternativ- bzw. Remix-Versionen unter dem Dutzend Bonus-Tracks.

Und das alles, das sei nebenbei garantiert, in weit besserer Klangqualität als vor ein paar Jahren auf der goldbedampften Edition derselben Firma MCA! Sachen gibt’s.

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