Iggy Pop – Naughty Little Doggy
Ist aus Iggy, dem Hund, etwa Iggy, das Hündchen geworden? Früher bellte er „I wanna be your Dog“, jetzt sagt er sich selbst als „Naughty little doggy“ an. Ab und zu hat Pop ja schon Phasen der Bescheidenheit durchlebt und sich demonstrativ brav und häuslich gegeben. Diese Selbstverniedlichung sieht allerdings eher nach grimmiger Ironie aus – Iggy Pop weiß, daß er den „Doggy Style“ erfunden hat, daß das Publikum von ihm die Nummer „Wilder Mann dreht endgültig durch“ erwartet. Er gibt den Leuten, was sie mögen, und nimmt sich dafür die Freiheit, sein eigenes Image gelegentlich zu parodieren. Der Albumtitel ist ein grinsender Kommentar, der von schönem Humor zeugt.
Dabei käme der sehnige, notorisch halb- bis ganz nackte Mann auch ohne Selbstdistanzierung aus: Iggy gehört noch immer zu den zuverlässigen Energiezentren des Pop, ähnlich wie Neil Young. Sein letztes Album „American Caesar“ zog die Quersumme aus 20 Jahren Kampf zwischen Gut und Böse: Es war größenwahnsinnig und sanft, hatte Biß und Balsam, vereinigte Punk und Country. So dialektisch waren zuletzt die Pixies und Nirvana vorgegangen. Und so wurde der ehemalige Vater des Punk zum Godfather des Grunge gekürt. Was konnte nach diesem Breitwand-Iggy noch kommen? Pop hat sich für die gute alte „Rückkehr zu den Wurzeln“ entschieden. „Naughty Little Doggie“ ist klar wie ein Bergbach. Die Platte hat zehn Songs, nur zwei davon dauern länger als fünf Minuten. Iggy Pop singt entlang seiner minimalistischen Riffs, es spielt eine kraftvolle, mit einfachsten Mitteln arbeitende Rockband. Auf dem letzten Album hatte er „Louie Louie“ gecovert, diesmal eifern die meisten Stücke diesem Ideal nach – je weniger Töne, je weniger Arrangement, desto besser. Iggy entschlackt. Pop pur. Jede Melodie sagt: Das muß reichen. Und es reicht „I Wanna Live“ ist ein gedämpft euphorisches Bekenntnis zu ewigen Jugend, schnell hingemeißelt. Das nostalgische „Was-waren-wir-unschuldig“-Lied „Innocent World“ faßt sich ebenso knapp. Man kann nur hoffen, daß die Smashing Pumpkins diese Platte hören, um die Kunst der Kürze zu studieren.
Iggy Pop singt wie eh und je das garstig Lied der animalischen Energie – er sei so heiß wie Kalifornien, singt er im ersten Stück, und der Song „Pussy Walk“ lechzt um die Frage herum, ob das weibliche Geschlechtsteil eigentlich auch ein Eigenleben hat. Was würde Liz Phair darauf antworten? Ab und zu wird ein Weichzeichner eingesetzt, und dann entsteht so warme Musik wie der Song „Shoeshine Girl“. Hart und smart – Iggy Pop kann viel, vielleicht alles, und bei ihm wirkt Jugendkult seltener peinlich als bei Mick Jagger, der öfter Jogginghosen trägt Schnöde Menschen behaupten gern, Iggy Pop geht auf die Fünfzig zu. Wahrscheinlicher ist, daß die Fünfzig auf ihn zugehen.